Per Richtlinie wurde in Dänemark das betäubungslose Schächten verboten. Der Tierschutz stehe über der Religion. Kritik kommt von der EU – aber auch von Muslimen und Juden. Im Islam und Judentum müssen Tiere zum Verzehr geschächtet werden, damit sie als halal bzw. koscher gelten.
Der dänische Landwirtschafts- und Lebensmittelminister Dan Jørgensen von der sozialdemokratischen Partei hat eine Richtlinie unterzeichnet, die vorsieht, dass alle Tiere in Dänemark nur nach vorheriger Betäubung geschlachtet werden dürfen. Damit führt das Land ähnlich restriktive Vorgaben ein, die bereits in Polen, Norwegen, Schweden und in der Schweiz existieren. Jørgensen begründet den drastischen Schritt mit dem Tierschutz. Dieser stehe über der Religion.
Juden und Muslime fühlen sich durch den Schritt angegriffen. Die Regelungen erschwerten das religiöse Leben in Dänemark, heißt es. Beide monotheistischen Religionen kennen eine uralte Tradition des Schächtens. Tiere zum Verzehr müssen geschächtet werden, damit sie als koscher bzw. halal gelten. Dass ein Tier vor der Schächtung betäubt werden muss, steht besonders im Widerspruch zur jüdischen Lehre. In Dänemark leben Schätzungen zufolge zwischen 5.000 – 7.000 Juden und ca. 150.000 – 200.000 Muslime.
Der Europäische Kommissar für Gesundheitsfragen, Tonio Borg, verurteilte in einer Stellungnahme die neue Richtlinie in Dänemark. Er sagte, sie verletze europäisches Gesetz. Tatsächlich gibt es jedoch auch in anderen EU-Staaten, wie Polen ähnliche Regelungen. Juden und Muslimen wurde dort auch gesetzlich verboten, zu schächten. Das Ergebnis war ein Einbruch der Landwirtschaftsindustrie. Polen hatte bis zum Verbot halal und koscher Fleisch in andere Länder, insbesondere innerhalb der EU, exportiert.
Die neue Regelung in Dänemark könnte nun dazu führen, dass die Importe von geschächtetem Fleisch zunehmen, gleichzeitig aber der Exporte von geschächtetem Fleisch gegen Null sinken. Jüdische und muslimische Metzger, die sich auf eine spezielle Kundschaft eingestellt haben, könnten vermutlich nicht mehr ihr Angebot aufrechterhalten und müssen mit erheblichen Einbußen rechnen. Juden und Muslime, die ihr Fleisch entsprechend rituell und traditionell geschächtet haben wollen, müssten es künftig aus dem Ausland beziehen.
Auch in Deutschland ist es nicht ohne weiteres möglich, koscheres oder halal Fleisch zu beziehen. Metzger und Fleischer müssen nachweisen, dass sie für ihre ausgewählte Kundschaft schächten. Oftmals stellen die Behörden enorme Hürden für eine Sondererlaubnis auf, was auch hierzulande dazu führt, dass kaum traditionell geschächtet wird.
Der dänische Landwirtschaftsminister argumentiert, dass die Schächtung nach islamischem und jüdischem Ritus nicht ethisch sei. Er suggeriert, die Tiere würden bei der traditionellen Schächtung leiden. Dem widersprechen Juden und Muslime aber entschieden.
Traditionell gilt bei Muslimen, dass ein Tier ohne Betäubung geschächtet werden muss. Mittlerweile gibt es allerdings auch viele Rechtsgutachten (fatwa), die eine Betäubung zulassen, ja sogar wünschen, damit dem Tier nicht unnötig leid angetan wird. Begründet wird dies auch mit festen Regeln, die als Bestandteil einer ordentlichen Schächtung gelten. Beim Schächten muss darauf geachtet werden, dass das Tier nicht leidet.
Die Jüdische Glaubensgemeinschaft argumentiert, dass beim Schächten die Tiere nur wenig bis gar nicht Schmerzen spüren. Der Schnitt bei der Schächtung erfolgt in einem einzigen großen Schnitt quer durch die Halsunterseite des Tieres. Dabei werden Blutgefäße sowie Luft- und Speiseröhre durchtrennt. Mit dem Schächten soll das möglichst rückstandslose Ausbluten des Tieres gewährleistet werden. Der Verzehr von Blut ist sowohl im Judentum als auch im Islam verboten.