Schweizer Muslime wollen sich um eine Anerkennung als öffentlich-rechtliche „Landeskirchen“ bemühen. Ein unabhängiges Gutachten aus der Universität Luzern hatte bereits erklärt, die Anerkennung sei möglich. Muslime erhoffen sich ein Signal für die Integration.
Die Zahl von Personen, die sich auf den muslimischen Glauben berufen, ist in der Schweiz auf über 400.000 angewachsen. Doch eine Anerkennung des Islams bzw. der muslimischen Organisationen als öffentlich-rechtlich anerkannte „Landeskirche“ hat es bis jetzt noch nicht gegeben. Dies soll sich bald ändern.
Nach einem Bericht der Schweiz am Sonntag will sich Hisham Maizar, Präsident der Föderation Islamischer Dachorganisationen in der Schweiz (FIDS), „Schritt für Schritt“ um eine Anerkennung des Islam in der Schweiz bemühen. Man strebe zudem gemeinsam mit dem Dachverband Koordination Islamischer Organisationen Schweiz (KIOS) bereits einen Dialog mit den staatlichen Stellen im Kanton Basel an. Hier soll auf die erste Anerkennung hingearbeitet werden.
Gutachten sagt: Rechtliche Grundlagen gegeben
Hintergrund für den Vorstoß der beiden großen schweizer Religionsgemeinschaften ist ein Rechtsgutachten aus der Universität Luzern. Das von den muslimischen Organisationen in Auftrag gegeben Gutachten kommt zum Schluss, dass in der Schweiz die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine Anerkennung der muslimischen Organisationen vorliegen. Die Schweiz sei laut Gutachtern ein „religiös-weltanschaulich neutraler Staat“ und müsse daher auch religiöse Vielfalt ermöglichen.
Der Staat dürfe keine Religion oder Religionsgemeinschaft einer anderen bevorzugen. Daher sei die Forderung nach einer muslimischen Anerkennung als „Landeskirche“ auch völlig legitim. Die Aussichten auf eine Anerkennung gelten vor allem in Kantonen, die als liberal gesehen, und in denen ein hoher Muslimanteil an der Bevölkerung herrscht, als aussichtsreich.
Maizar: Integrativer Schritt
Die gesetzlichen Rahmenbedingungen in der Schweiz für eine Anerkennung als Religionsgemeinschaft sind vergleichsweise überschaubar. Von den Antragstellern wird eine klare Organisationsstruktur verlangt, aus der auch deutlich hervorgeht, wie die Gemeinden, Vereine und Mitglieder aufgegliedert sind und welche Angebote für die Mitglieder bereitgestellt werden. Die Religionsgemeinschaft muss gesellschaftlich relevant sein – was oft an den Mitgliederzahlen festgemacht wird. Ganz wichtig ist auch eine transparente Finanzverwaltung und dass die Mitglieder auch jederzeit aus der Gemeinschaft wieder austreten können. Von den Antragstellern wird erwartet, dass sie sich für den Religionsfrieden in der Schweiz einsetzen.
Große Hürden sehen die Muslime nicht. Hisham Maizar glaubt daran, dass eine Anerkennung nur vorteilhaft für die Muslime in der Schweiz sein kann. Er ist überzeugt: „Das wäre ein weiterer wichtiger Schritt zur Integration der Schweizer Muslime. So können wir aktiv am gesellschaftlichen und religiösen Frieden mitarbeiten.“
Zurzeit sind in der Schweiz nur die großen christlichen Kirchen und die jüdische Gemeinde als öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften anerkannt. Sie haben durch diese Anerkennung Zugang zu Einwohner- und Steuerdaten in Kantonen und erhalten Fördergelder für ihre sozialen Angebote, wie Jugendhilfen, Seelsorgeeinrichtungen, Krankenhäuser oder Schulen.