KIKA-Shitstorm

Medien als Brandbeschleuniger für antimuslimische Hetze

In einer am Donnerstag veröffentlichten Stellungnahme kritisieren die Neuen deutschen Medienmacher (NdM) die Diskussion über die KIKA-Dokumentation und fordern einen besonnen Umgang mit antimuslimischer Hetze.

19
01
2018
Kika-Doku
Kika-Doku © Facebook, bearbeitet by iQ.

Derzeit läuft eine besorgniserregende Debatte über eine Dokumentation im Kinderkanal KiKA, die vom Hessischen Rundfunk (HR) produziert wurde. Die im November 2017 ausgestrahlte Sendung über ein junges Paar “Schau in meine Welt! – Malvina, Diaa und die Liebe” hat massive antimuslimische Reaktionen provoziert. Bei Malvina und Diaa handelt es sich um eine deutsche Schülerin und einen syrischen Jugendlichen, der als Schutzsuchender nach Deutschland kam. 

Seit Wochen sind der Kindersender und das Paar zur Zielscheibe einer rassistischen Kampagne geworden, die von Hetzblogs und AfD-Politiker*innen losgetreten wurde. Der Junge sei viel älter als angegeben und vermutlich ein islamistischer Frauenschänder oder potenzieller Terrorist, so der Tenor. Der Beitrag romantisiere eine gefährliche Beziehung. Auch der Autor des TV-Beitrags, der einen journalistisch sensiblen Beitrag über eine bikulturelle Beziehung und deren Probleme produziert hat, wird harsch an den Pranger gestellt. 

Der Sender KiKA hat mit einer Stellungnahme reagiert und sich zu Recht hinter den Autor und die Sendung gestellt. Der Hessische Rundfunk hat dagegen ausgerechnet jenen AfD-Politiker in eine Talkshow eingeladen, der die Hasskampagne gegen KiKA losgetreten hat. Weitere Medien wie die BILD-Zeitung haben das Thema aufgegriffen und die Kritiker unterstützt. Das Facebook-Profil des jungen Syrers wurde nach Indizien durchforstet. Antimuslimische Beschuldigungen wurden medial ausgeschlachtet. 

Medien als Brandbeschleuniger

Die Reaktion zeigt einmal mehr, wie verunsichert und konzeptlos viele Medien auf Schmutz-kampagnen und Shitstorms im Internet reagieren, statt selbstbewusst zu ausgewogenem Qualitätsjournalismus zu stehen. Statt über eine problematische Debattenkultur zu berichten, fungierten sie vielmehr als Brandbeschleuniger für die Hetze. Bei aller Kritik, die am TV-Beitrag geübt werden kann: das eigentliche Problem ist die maßlose, im Netz verbreitete Hasswelle gegen Geflüchtete, insbesondere gegen Muslim*innen. In diesem Fall hat die Hasskampagne dazu geführt, dass das junge Paar jetzt unter Polizeischutz gestellt werden musste.

Leserkommentare

Manuel sagt:
Nicht jede Kritik ist gleich pauschal Hetze, dass sollten die Moslems auf einmal verstehen, der Islam ist in Deutschland nichts besonders und hat auch keine Sonderrechte. Und derzeit gibt es leider sehr viel am Islam zu kritisieren, wenn man sich die Entwicklungen in der Islamischen Welt und hierzulande ansieht. Statt Liberalität und Weltoffenheit, Erzkonservativismus, tiefmittelalterliches Frauen- und Sexualitätsbild und Islamismus.
19.01.18
19:45
Ute Fabel sagt:
Herr Diaa hat die Internetseite des Salafisten Pierre Vogel geliket. Herr Vogel vertritt die Auffassung, dass die Sure 4:34 ernst und wörtlich zu nehmen ist, wonach Frauen zu schlagen sind, wo denen man befürchtet, dass sich auflehnen können. Es ist gut, wenn die Medien beleuchten, dass die Persönlichkeit von Herrn Diaa leider auch Abgründe aufweist. Herrn Diaa als harmlose Unschuldslamm verkaufen, das unverschuldet Opfer einer angeblichen Medienhetze wird, ist eine grobe Verkehrung der Tatsachen. Er sollte sichbesser bei den engagierten Mitarbeitern des Kinderkanals entschuldigen. Deren wohlmeinende Absichten hat er durch sein Fehlverhalten kaputtgemacht.
19.01.18
20:20
Dilaver Çelik sagt:
Wenn im Fernsehen gegen den Islam gehetzt wird, dann ist das mindeste, was Muslime dagegen tun können, sofort umzuschalten. Wenn man selbst das nicht kann, dass ist das ein Anzeichen von Schwäche und man muss sich selbstkritisch fragen, woher diese Schwäche kommt und wie man sich dagegen stärken kann. Außerdem dürfen keine Rundfunkgebühren gezahlt werden, wenn die Hetze gegen den Islam nicht unterbunden wird. Medienboykott ist da das oberste Gebot.
20.01.18
17:25
grege sagt:
Die extremistischen Ausläuder des Islams werden in den Medien eher verniedlicht als übertrieben.
20.01.18
20:41
Manuel sagt:
@Dilaver Çelik: Genau Medienboykott gegen türkische Regierungsmedien!
22.01.18
19:50
Johannes Disch sagt:
Nicht die Medien sind hier Brandbeschleuniger, sondern Parteien wie die AfD, die jeden Bericht über den Islam und Muslime zum Anlaß nehmen, die Dinge zu verzerren. Zudem ist der in der Doku geschilderte junge Mann nicht grade ein Unschuldslamm, wie Ute Fabel dankenswerterweise ausgeführt hat. Wer den Salafisten/Islamisten Pierre Vogel liked und die Sure 4,34 wörtlich nimmt, über den ist eine kritische Berichterstattung gerechtfertigt und auch notwendig. Nicht jeder kritische Bericht über Muslime ist gleich diskriminierend und rassistisch. Die Medienschelte, die "Islamiq" hier betreibt, ist sehr pauschal.
29.01.18
9:48