Nach den Aussagen des österreichischen Bundeskanzlers Sebastian Kurz sorgt die Twitter-Aktion „#reichenhetze“ für große öffentliche Aufmerksamkeit. Das Thema ist: Alltagsrassismus in Österreich.
Unter den Trending Topics beim Micro-Blogging-Dienst Twitter ist seit Samstag der Hashtag #reichenhetze zu sehen. In kleinen kurzen Statements äußerten sich Tausende über ihre Erfahrungen zu alltäglichem Rassismus und Diskriminierung in Österreich. Nach kürzester Zeit wurde #reichenhetze dermaßen oft benutzt, dass es unter den häufig genutzten Tweets landete.
Kanzler Kurz beklagt eine linke Hetze gegen die armen Reichen. Unter dem Hashtag #reichenhetze erzählen nun Menschen, was die alltägliche Hetze gegen Minderheiten wirklich bedeutet. Es ist erschütternd. Ihr solltet das lesen.
— Michael Bonvalot (@MichaelBonvalot) 20. Januar 2018
Initiiert wurde #reichenhetze von Twitter-Nutzerin „Vanniferrari“ als Reaktion auf die Aussagen des neuen österreichischen Bundeskanzlers Sebastian Kurz, dass die Hetze gegen Reiche genauso gestiegen sei, wie die Hetze gegen andere religiöse und ethnische Gruppen.
der vater einer schulfreundin hat sie und mich nach wien gefahren, wir warn 15 und wollten einkaufen gehn. als wir im 16 bez. durchgefahren sind, sagte ihr vater zu ihr „schau mal schatz, das is der 16. da wohnt das ganze ungeziefer, die ganzen jugos und albaner“ #reichenhetze
— vannyferrari (@vnyshkr) 19. Januar 2018
Kurz verteidigte am Mittwoch in der ARD-Talksendung „Maischberger“, die Koalition mit der FPÖ und sagte, dass er den Eindruck habe, dass die FPÖ bereit sei, sich an das Regierungsprogramm zu halten. Angesprochen auf die Vergangenheit von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache am rechten Rand sagte Kurz, es sei richtig, kritisch hinzusehen. Man müsse Politikern aber auch eine Chance geben, sich zu entwickeln. Er habe aber „rote Linien“, erklärte Kurz, die aber nicht nur die Rechten betreffen, da gegen reiche Menschen in Österreich genauso oft gehetzt werde, wie gegen anderen Menschen.
Die Aussagen von Bundeskanzler Kurz entfachten die Debatte, worauf mehrere Twitter-Nutzer ihre Erfahrungen aus ihrem Alltag berichteten:
Meine Eltern hatten jahrelang ein Wirtshaus (das Salz&Pfeffer). Wolfi, ein Stammgast, meinte mal zu mir: „Du wirst hier immer Ausländer bleiben, egal wie gut dein Deutsch ist. Das weißt du eh, oder?“ Damals war ich circa zehn, hab deswegen geweint. #reichenhetze
— Alexandra Stanic (@AlexSta_) 19. Januar 2018
Als ich Zivi bei der Rettung gemacht habe, ist mein Fahrer immer absichtlich langsamer gefahren, wenn ein „ausländischer“ Name am Display angezeigt wurde, „weil die Milosevics eh alle nur schauspielern.“#reichenhetze
— Wurzelmann (@Wurzelmann) 20. Januar 2018
Weitere Twitter-Nutzer twitterten, dass sie während der Schulzeit Diskriminierungen seitens der Mitschüler oder der LehrerInnen ausgesetzt wurden.
D-Lehrerin meines Sohnes am Elternsprechtag: „Also, ihr Sohn ist in D. spitze, lauter 1’ser, aber ich kann ihm keinen 1’ser ins Zeugnis geben, da seine Muttersprache nicht Deutsch ist. Wie würde es sonst ausschauen?“ #reichenhetze
— sevgi bardakci (@sevgi_bar) 20. Januar 2018
Philosophie-Lehrer in der Oberstufe: „Du kannst ja echt toll deutsch sprechen!“
Ich: „Danke, Sie auch.“
Lehrer: „Ich bin hier geboren?“
Ich: „Ich auch.“ #reichenhetze— Pfirsichbluete (@Pfirsichbluete9) 20. Januar 2018
#reichenhetze In der vierten Klasse hat mir meine Klassenlehrerin eine Empfehlung für die Hauptschule ausgestellt. Ich war Klassenbester mit sieben Einsen und einer Zwei in Kunst. Begründung: Wieso soll er einem deutschen Kind einen Platz auf dem Gymnasium wegnehmen?!
— SiMax ? ☮️ ? ?️? religionsbefreit (@simax2118) 20. Januar 2018
Mein Physiklehrer nahm mich nie dran, obwohl ich die Hand ständig oben hatte. Eines Tages meinte er, ich müsse das alles nicht wissen, weil ich dieses Land bald verlassen würde. Ich bin hier geboren. #reichenhetze
— dp (@InsightOnEnergy) 20. Januar 2018