Die Hochschulen treiben die Einrichtung und Etablierung von Islam-Fakultäten voran. Engin Karahan beleuchtet die rechtlichen Voraussetzungen. Sonderweg Islamische Theologie?
Werden die einzelnen vorhandenen Standorte zur islamischen Theologie unter dem Aspekt der verfassungsrechtlich gebotenen Mitwirkung der muslimischen Religionsgemeinschaften betrachtet, so präsentiert sich ein sehr unterschiedliches Bild.
Derzeit ist es einzig und allein der Standort Osnabrück, der für eine verfassungsrechtlich saubere Gestaltung der Mitwirkung der muslimischen Religionsgemeinschaften gesorgt hat. Dem dortigen Beirat gehören nur Vertreter der muslimischen Gemeinschaften an, die genauso in die Gestaltung der islamisch-theologischen Lehrstühle einbezogen werden, wie es bei den Kirchen und ihren entsprechenden theologischen Fakultäten üblich ist.
Einen Sonderweg geht derzeit noch der Standort Frankfurt. Für die ursprünglich als Stiftungsprofessoren von der türkischen Diyanet gestifteten Lehrstühle besteht zwar noch kein Beirat, die Einrichtung pflegt jedoch einen intensiven Dialog zu den muslimischen Gemeinschaften. Dennoch muss auch der Frankfurter Standort auf die Etablierung einer institutionellen Einbindung der muslimischen Gemeinschaften hinarbeiten, wenn denn das bisher gute Verhältnis zwischen dem islamisch-theologischen Institut und den muslimischen Religionsgemeinschaften auch zuverlässig in die Zukunft getragen werden soll.
Der Zusammenarbeit mit den muslimischen Gemeinschaften verweigert sich der Erlanger Standort bisher vollständig. Das Zentrum rühmt sich sogar öffentlich damit, die muslimischen Religionsgemeinschaften nicht zu berücksichtigen. Nicht nur dieser Haltung dürfte der Umstand geschuldet sein, dass Erlangen sich in diesem Semester nach Presseberichten nur mit drei Studenten begnügen muss, die dort „islamische Theologie“ studieren wollen. Auf dieser Basis dürfte mit Erlangen derzeit auch von Seiten der Religionsgemeinschaften wenig Interesse zu einer Zusammenarbeit bestehen.
Die „islamisch-theologischen“ Lehrstühle in Tübingen und Münster sind im Gegensatz zu den anderen Standorten nach den Empfehlungen des Wissenschaftsrates errichtet oder wiedererrichtet worden. Sie folgen nach eigenem Anspruch dem Modellvorschlag des Wissenschaftsrates, der die Mitwirkung einem Beirat überträgt, der nur zur Hälfte aus Vertretern der Religionsgemeinschaften besteht. Über diese Religionsgemeinschaftsvertreter sollen auch die anderen Vertreter legitimiert werden, die ohne eigene Legitimation staatlicherseits ernannt werden und bei der Gestaltung der islamischen Theologie an dem jeweiligen Standort mitbestimmen sollen.
Bemerkenswert ist, dass an beiden Standorten nicht einmal diese beschnittene Mitwirkung derzeit gewährleistet werden kann. An beiden Standorten wies das Bundesforschungsministerium darauf hin, dass bei der Mitwirkung des Vertreters einer bestimmten muslimischen Gemeinschaft die bereits in Aussicht gestellten Fördergelder nicht an die Universität überwiesen werden können. Auf Rückfragen verwies das Ministerium wiederum auf Hinweise aus dem Bundesinnenministerium, dessen integrations- und religionspolitisches Feingefühl die Öffentlichkeit zuletzt im Rahmen der vielkritisierten „Vermisst“-Kampagne bewundern durfte.
Faktisch sind nun an beiden Standorten die eingerichteten Beiräte bekenntnismäßig unterbesetzt. Einer Überzahl von „Vertretern“ des öffentlichen Lebens steht eine Minderheit von Vertretern von muslimischen Gemeinschaften gegenüber. Ob dadurch die verfassungsrechtlich gebotene Geltendmachung des Bekenntnisses gewährleistet werden kann, ist fraglich. Zudem hängt beiden Standorten damit von Anbeginn der unrühmliche Ruf an, die notwendige Mitwirkung der muslimischen Religionsgemeinschaften notfalls den Fördergeldern und damit der direkten Beeinflussung ihrer theologischen Ausbildung durch ein politische Interessenträgern geopfert zu haben.
Mit diesem Vorgehen schaden diese Standorte nicht nur ihrem eigenen Ruf, sondern auch den Berufsaussichten ihrer Studenten. Zum einen geben sie Raum für die Frage, wie bei einer solch massiven Einwirkung von staatlicher Seite auf inhaltliche Fragen der Religion, die Authenzität und staatliche Unabhängigkeit ihrer eigenen Forschung und Lehre gewährleistet werden kann. Zum anderen lassen sie zu, dass gerade die Gemeinschaften, die mittel- und langfristig ihre Absolventen als religiöses Personal in der einen oder anderen Form einstellen sollen, von der Mitwirkung ausgeschlossen werden. So kann jedoch kein Vertrauen in den Standort und die Ausbildung dort aufgebaut werden.