Die Türkei erhöht in den Diskussionen um den NSU-Prozess den Druck auf das Deutsche Gericht und die Deutsche Politik.
Wie die Nachrichtenagentur Anadolu, mit Verweis auf diplomatische Kreise, berichtet, hat Ahmet Davutoğlu mit Guido Westerwelle telefoniert. Im Gespräch bat Davutoğlu seinen Deutschen Amtskollegen darum sich dafür einzusetzen, dass sowohl die türkische Presse als auch Vertreter des türkischen Staates am NSU-Prozess teilnehmen können.
Im Gespräch hat der türkische Außenminister seinen Deutschen Kollegen darauf hingewiesen, dass die Aufarbeitung der durch den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) durchgeführten Morde gerade für die türkische Öffentlichkeit von besonderer Bedeutung sind, da es sich bei 8 der 10 Opfer auch um türkischstämmige Personen handelt. Davutoğlu mahnte an, dass sowohl die türkische Presse als auch Vertreter des türkischen Staates am Prozess teilnehmen sollten.
Außenminister Guido Westerwelle versicherte seinem türkischen Amtskollegen, dass man die Sorgen der türkischen Regierung und der Bevölkerung ernst nehme und sich auch die Bundesregierung entsprechend dafür ausspreche, dass der Prozess unter der Teilnahme türkischer Medien stattfinden sollte. Westerwelle sicherte zu, man werde versuchen die Anliegen aus Ankara so gut wie möglich zu unterstützen. Er erklärte aber auch, dass die Deutsche Justiz unabhängig sei und daher der Einfluss auch seine Grenzen habe.
Das Oberlandesgericht München (OLG-München) hat mit seinem Akkreditierungsverfahren nach dem Prinzip „firts come, first serve“ 50 im Gerichtssaal für die Presse reservierten Plätze innerhalb von wenigen Minuten vergeben. Türkische Medien, die versucht haben sich zeitnah zu akkreditieren, erhielten keine der reservierten Plätze.
Im Anschluss daran wurde das Vorgehen des Gerichts von einer breiten Öffentlichkeit hinterfragt und kritisiert. Entsprechend versuchte man auch von Seiten der Medien dem OLG-München Kompromisse vorzuschlagen, damit die Beobachtung und Berichterstattung durch türkische Medien gewährleistet werden könnte. Sämtliche vorgetragenen Lösungen, auch der Tausch von Plätzen, wurden durch das OLG München abgelehnt.
Bereits ein paar Wochen vorher war bekannt geworden, dass der türkische Botschafter keinen reservierten Platz im Gericht erhalten sollte. Mittlerweile scheint wenigstens bei diesem Thema ein Kompromiss gefunden worden zu sein. Der Botschafter soll am Prozess teilnehmen dürfen ohne an der Tür des Gerichts warten zu müssen.
Kritiker des OLG München mahnten mehrmals an, dass die Teilnahme von Vertretern der Türkei und der türkischen Medien beim Prozess, bei dem es um den rassistisch motivierten Mord an 10 Opfern geht, wichtig sei.
Das Verfahren gegen Beate Zschäpe und vier weitere mutmaßliche Unterstützer des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) soll am 17. April vor dem Oberlandesgericht München beginnen. Den Hauptbeschuldigten wirft die Staatsanwaltschaft vor eine terroristische Vereinigung gegründet und sowohl Mord als auch Beihilfe zum Mord begangen zu haben.