Welche Gegenstände nimmt man mit, wenn man nur noch sehr wenig Zeit hat, um zu fliehen. Was ist einem so wichtig, dass man die kostbaren Minuten dafür opfert, es sorgfältig einzupacken?
Rula Halawani zeigt mit ihrer Ausstellung Traces, welche Gegenstände palästinensische Flüchtlinge mit genommen haben, als sie 1948 aus ihren Häuser vertrieben und in ihren Unterkünften in Flüchtlingslagern untergebracht wurden. Die Fotos der Ausstellung zeigen Hoffnung, Angst, Zukunftspläne und Vergangenheitsbewältigung. Jedes einzelne erzählt Foto eine andere Geschichte.
Eines dieser Fotos zeigt einen Gegenstand von Thuraya Farah, die als Kind aus ihrem Dorf floh und im Flüchtlingslager Al-Arrub lebt. Als die Familie geflohen ist, hatte ihre Mutter einen Schlüssel in der Hand. Sie sei davon ausgegangen, dass sie nach einigen Wochen wieder in ihre Häuser zurückkehren können. Woche, Monate und Jahre, sogar Jahrzehnte sind seitdem vergangen. Die Familie ist nicht zurückgekehrt, aber der Schlüssel wird an die nächsten Generationen weitergegeben. Er soll den Familienmitgliedern, die ihre Heimat nicht kennenlernen durften zeigen, woher sie kommen und wohin sie vielleicht irgendwann zurückkehren werden.
Hoffnung auf eine Rückkehr
Die Künstlerin hat bei der Vorbereitung für ihr Projekt mit vielen Flüchtlingen geredet. Dabei ging es ihr vor allem darum zu erfahren, warum sie gerade diese Gegenstände mitgenommen haben. Die Objekte, die die Flüchtlinge bei ihrer Flucht mitgenommen haben sollen sie daran erinnern, dass das Flüchtlingslagern nicht ihr eigentliches Zuhause ist und dass sie die Hoffnung auf eine Rückkehr niemals aufgegeben werden soll.
In der Unterkunft der Familie Nakhleh steht ein Korb, den die Mutter bei der Flucht mitgenommen hat. Die Familienmitglieder kennen auch die genaue Geschichte dieses Korbes. Sie wissen, dass die Mutter nach der Vertreibung in das Haus zurück gekehrt ist, um den Korb voller Eier mitzunehmen. Dieser alltägliche Gegenstand zeigt, wie viel Mut die Familie gehabt haben muss, um noch mal in ihr Haus zurückzukehren, damit sie mit einem Grundnahrungsmittel überleben können. Neben jedem Objekt ist auch eine in arabischer Schrift verfasste Geschichte zum Objekt und Biographie des Besitzers zu lesen.
Rula Halawani ist eine palästinensische Künstlerin aus Jerusalem, die ihre Karriere zunächst als Fotojournalistin angefangen hat und mit ihren schwarz-weiß Fotos von einem Checkpoint zwischen Ramallah und Jerusalem in ihrer Ausstellung Intimacy (2004) international bekannt wurde.