Die Landesregierung in Niedersachsen will einen Staatsvertrag mit den muslimischen Religionsgemeinschaften vereinbaren. Die Gespräche sollen zügig aufgenommen werden. Ministerpräsident Weil: „Wir setzen uns für ein Weltoffenes Niedersachsen ein.“
In einem mehr als einstündigen Gespräch zwischen der Landesregierung und den Religionsgemeinschaften Schura und Ditib, wurde der Rahmen für einen Staatsvertrag erörtert. Zwischen den Parteien wurde am vergangenen Montag eine Roadmap für die weiteren Verhandlungen vereinbart. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) erklärte: „Innerhalb der nächsten sechs Wochen sollen beide Seiten ihre Mitglieder der Verhandlungskommission benennen, die dann zügig die Gespräche über einen Staatsvertrag aufnehmen wird. Der heutige Termin war ein sehr guter Auftakt.“
Für die Schura Niedersachsen nahmen der Vorsitzende Avni Altıner und sein Stellvertreter Firouz Vladi teil. Die Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib) beteiligte sich an dem Treffen mit der Öffentlichkeitsreferentin und Juristin Emine Oğuz sowie dem Vorsitzenden Yılmaz Kılıç. Für die Landesregierung nahmen u.a. Kultusministerin Frauke Heiligenstadt und Sozial-Staatssekretär Jörg Röhmann teil.
Nach dem Gespräch erklärte Weil: „Wir setzen uns ein für ein weltoffenes Niedersachsen und für eine gelebte Willkommenskultur, die die religiöse und kulturelle Vielfalt der Menschen im Land anerkennt und fördert. Dazu gehört auch ein Staatsvertrag mit den muslimischen Verbänden, um Regelungen über das Verhältnis des Landes Niedersachsen zu ihnen zu treffen.“
Ein Staatsvertrag stärkt den Status der Religionsgemeinschaften und etabliert sie als Vertreter von Muslimen gegenüber Staat und Öffentlichkeit. Vertraglich werden meist Pflichten und Aufgaben beider Parteien vereinbart. In den Verträgen können sich aber auch Unterstützungen finanzieller Natur für die Religionsgemeinschaften befinden.
Langfristig streben islamische Religionsgemeinschaften die Gleichstellung mit den christlichen Kirchen an. Dies bedeutet auch, dass man sich um einen Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts bemüht. Bisher hat keine muslimische Religionsgemeinschaft in Deutschland diesen Status erhalten.
Einen gültigen Staatsvertrag mit muslimischen Religionsgemeinschaften gibt es nur in Bremen. In Hamburg liegt ein Staatsvertrag seit längerer Zeit zur Abstimmung vor. Auch in Schleswig-Holstein wird mit der Landesregierung über einen Staatsvertrag verhandelt. Weitere Initiativen in anderen Bundesländern existieren und dürften bald auch konkrete weitere Schritte zur Folge haben. Staatsverträge sind Ländersache.
Die frühere Landesregierung in Niedersachsen, unter Ex-Ministerpräsident David McAllister (CDU), hatte einen Staatsvertrag mit den Religionsgemeinschaften immer wieder abgelehnt. Muslime in Niedersachsen hatten aus Enttäuschung hierüber bei der letzten Wahl stärker das Bündnis aus SPD und Grünen unterstützt und auf einen Wechsel in der Regierungskoalition gehofft.