Im französischen Trappes kommt es seit mehreren Nächten zu Ausschreitungen. Auslöser ist das rigide Vorgehen der Polizei gegen Burkaträgerinnen und Demonstranten. Die Politik ruft zur Ruhe auf und bleibt doch hilflos.
Frankreich hat eines der strengsten Anti-Burka-Gesetze in Europa. Frauen mit einer Vollverschleierung dürfen sich noch im öffentlichen Raum kaum noch bewegen. Musliminnen, die Burka oder den Gesichtsschleier Niqab tragen, werden von der Polizei kontrolliert. Oftmals werden die Betroffenen zu Zahlungen von Bußgeldern und zur Teilnahme an „Integrationskursen“ verdonnert.
Am vergangenen Freitag führte eine solche Maßnahme dazu, dass ein Mann von der Polizei in Trappes festgenommen wurde. Er hatte sich der Kontrolle seiner vollverschleierten Ehefrau widersetzen wollen, heißt es laut Polizei. Womit die Polizei jedoch nicht rechnete, war ein massenhafter Protest von knapp 500 Personen vor der Polizeiwache. Zuerst sollen etwa 30 Personen die Freilassung verlangt haben. Als die Polizei sich weigerte, wurden über soziale Netzwerke mehrere Hundert Personen organisiert. Die Sicherheitskräfte versuchten im Anschluss erst gar nicht zu deeskalieren und gingen mit Tränengas und Wasserwerfern gegen die Demonstranten vor.
Später warf die Polizei den Demonstranten vor, diese hätten mit Steinen auf sie geworfen. Die Demonstranten hingegen werfen der Polizei vor, sie habe es auf eine Eskalation der Lage ankommen lassen.
In der Nacht eskalierte die Lage weiter. Es kam zu Straßenschlachten zwischen Polizei und Demonstranten. Autos wurden in Brand gesetzt und vermummte Personen warfen Molotowcocktails auf die Polizisten. Die Bilanz: fünf Verletzte. Ein 14jähriger Junge wurde schwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert. Er verliert womöglich sein Augenlicht. Er wurde vermutlich von einem Gummiprojektil getroffen. Wer geschossen hat, ist noch unklar und wird von der Staatsanwaltschaft geprüft. Weitere vier Beamten wurden mit leichten Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert. Zahlreiche Personen wurden verhaftet.
Der am Vortag festgenommene Mann wurde am Samstag vor den Haftrichter geführt. Nach der Anhörung wurde er unter gerichtliche Kontrolle gestellt und erst einmal auf freien Fuß gesetzt. Die Verhandlung gegen ihn soll im September stattfinden. Es handelt sich laut Gerichtssprecher um einen Franzosen, der zum Islam konvertiert ist.
Die Polizei verstärkte nach den Ausschreitungen ihre Präsenz in Trappes. Dennoch kam es auch in der Nacht zum Sonntag zu zahlreichen Ausschreitungen. Erneut wurden Autos in Brand gesetzt, wieder gab es mehrere Verletzte auf beiden Seiten. Und erneut wurden zahlreiche Randalierer festgenommen.
Manuel Valls, Innenminister Frankreichs, erklärte in einer Stellungnahme, dass Gewalt jeglicher Art inakzeptabel sei. Er rief dazu auf, Ruhe einkehren zu lassen. Die Proteste stellen die Politik jedoch vor ein Dilemma. Sie hat mit ihrer Entscheidung für ein Burka-Verbot dafür gesorgt, dass es überhaupt diese Spannungen gibt. Vor allem in Gebieten mit hohem Migranten- und Muslim-Anteil kommt es immer wieder zu Protesten gegen die rigide Verbotspolitik der Regierung.
Vor allem in Gegenden, in denen Jugendliche abgeschlagen und ohne echte Chancen auf eine bessere Zukunft leben, sind solche Maßnahmen Auslöser für soziale Unruhen. Auch gilt die Polizei in Frankreich nicht gerade als „Freund und Helfer“. Rassistische Übergriffe durch die Sicherheitskräfte sind in solchen Gegenden an der Tagesordnung, was Burka-Kontrollen besonders anfällig für Massenproteste macht.
Mehrere Organisationen kritisieren das Verbot bereits seit Jahren. Auch das harte Vorgehen der Polizei wird kritisiert. Diesmal habe die Polizei die Proteste und Ausschreitungen absichtlich provoziert, so ein oft geäußerter Vorwurf. Man habe stichhaltige Beweise dafür, dass die Polizei zudem die Protestierenden drangsalierte. Auch die Organisation gegen Rassismus und Islamophobie in Frankreich (CCIF) kritisierte die Sicherheitskräfte. Diese hätten mit der Kontrolle der Frau bewusst Ausschreitungen und Proteste in Kauf genommen. Dabei sei die Kontrolle im Grunde unnötig gewesen, ebenso wie die Festnahme des Ehemannes.
Eine Untersuchung der Vorfälle wird derzeit durch die Staatsanwaltschaft vorgenommen. Es bleibt aber fraglich, ob die Proteste damit enden werden.