Eine neue Umfrage zeigt: Deutsche Bundesbürger wollen keine Kinder. Als Gründe werden berufliche wie finanzielle Aspekte genannt, aber auch die fehlenden staatlichen Angebote. Auch Muslime überdenken ihre Familienplanung.
Oktay S.* ist Muslim und deutscher Staatsbürger. Vor 10 Jahren lernte er seine heutige Frau kennen. Die beiden heirateten vor 7 Jahren. Anders als in ihrem muslimischen Umfeld, wo viele kurz nach der Heirat ein Kind bekamen, warteten sie mit der Familienplanung. Der Hintergrund war denkbar einfach: Sie wollten ihrem Kind eine gute Zukunft bieten. Zudem waren beide Ehepartner berufstätig. Frau S. fürchtete einen möglichen Karriereknick nach einer Schwangerschaft.
Mit ihrer Einstellung liegt Familie S. im Trend. Eine am Donnerstag in Hamburg vorgestellte neue repräsentative Umfrage der BAT-Stiftung für Zukunftsfragen zeigt, warum Bürger in Deutschland keine Kinder bekommen. So werden hohe Kosten, Angst vor dem Verlust der Unabhängigkeit und die eigene Karriere als wichtigste Gründe genannt. Fast jeder zweite Bundesbürger nennt zudem die fehlenden staatlichen Angebote, z. B. Kitaplätze, als weiteren Grund.
Gründe für kein Kind:
67%: Kinder kosten Geld
60%: Wollen unabhängig und frei bleiben
57%: Karriere wichtiger als Familiengründung
54%: Karriere nur schlecht mit Familie vereinbar
45%: Staatliche Voraussetzungen fehlen
Der wissenschaftliche Leiter der Stiftung, Prof. Ulrich Reinhardt erklärte zu den Ergebnissen: „Die Unsicherheit, ja fast schon Angst vor der Familiengründung hält bei vielen Bundesbürgern an. Diese umfasst für zunehmend mehr Deutsche neben der Angst, sich Kinder schlichtweg nicht leisten zu können bzw. den eigenen Lebensstandard einschränken zu müssen, vor allem die Sorge, Familie und Beruf nicht vereinbaren zu können und die eigene Karriere zu vernachlässigen.“
Die Umfrage zeigt, dass die Kindergegner, im Vergleich mit den Ergebnissen vorhergehender Studien, leicht zugenommen haben. Die Angst vor einer möglichen Scheidung, unsichere Zukunftsperspektiven für die Kinder oder die Angst den falschen Zeitpunkt zu wählen, werden als weitere Gründe durch die Befragten aufgeführt. Prof. Reinhardt sieht deshalb vor allem die Politik gefordert, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken und gegenzusteuern. Es müssten bessere Strategien hervorgebracht werden, die den Menschen die Angst vor dem Kinder-Kriegen nimmt.
Innerhalb der verschiedenen Bevölkerungsgruppen werden auch Unterschiede bei der Befragung deutlich. Familien beklagen sich eher über die fehlenden staatlichen Angebote während Singles über hohe Kosten von Kindern sprechen.
Laut Statistischem Bundesamt bekommt eine Frau in Deutschland im Schnitt 1,36 Kinder. Hier kommt jedoch mittlerweile auch die Erkenntnis hinzu, dass Frauen immer später ein Kind bekommen. Das Durchschnittsalter für das erste Kind steigt.
Familie S. hat mittlerweile einen kleinen gesunden Sprössling. Die finanzielle und berufliche Lage ließ es für das Ehepaar zu. Somit wurde auch der verständliche Wunsch der Eltern bzw. Schwiegereltern des Paares nach einem Enkelkind erfüllt.