Für Musliminnen sei es zumutbar einen „Burkini“ zu tragen und Zeugen Jehovas müssten akzeptieren, dass Krabat gelesen und angeschaut wird. Das entschied das Bundesverwaltungsgericht.
Gleich zwei Mal musste das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in der Frage entscheiden, wie weit die Religionsfreiheit in der Schule gehen darf. Im ersten Fall ging es um einen jungen, der zu den Zeugen Jehovas gehört, und dessen Eltern eine Befreiung vom Unterricht aus religiösen Gründen erreichen wollten. Im zweiten Fall ging es um eine Muslima, die in einem sog. „Burkini“ am koedukativen Schwimmunterricht nicht teilnehmen wollte.
In beiden Fällen urteilte das BVerwG gegen die Schüler. Im Fall des Jungen von den Zeugen Jehovas urteilte das Gericht, dass eine Befreiung vom Schulunterricht aus religiösen Gründen nur in Ausnahmefällen zulässig sei. „Verstößt der Inhalt einer schulischen Unterrichtsveranstaltung aus Sicht einzelner Schüler bzw. ihrer Eltern gegen für sie maßgebliche religiöse Vorgaben, so rechtfertigt dies im Regelfall keinen Anspruch auf Unterrichtsbefreiung“, so das BVerwG.
Eine Unterrichtsbefreiung könne nur ausnahmsweise verlangt werden. Für eine regelmäßige Befreiung sei es erforderlich, dass den „religiösen Belangen des Betroffenen eine besonders gravierende Beeinträchtigung droht und der schulische Wirkungsauftrag im Vergleich hierzu lediglich nachrangig berührt wird.“ Gerade diese Voraussetzung sei im konkreten Fall nicht gegeben. Die Kläger hatten geltend gemacht, dass das Buch Krabat und dessen Verfilmung, in dem es um „schwarze Künste“ geht, nicht von ihrem Sohn gesehen werden dürften, weil dieses im Widerspruch zur Religion der Zeugen Jehovas stünde.
Im Fall einer jungen Muslima urteilte das Bundesverwaltungsgericht, dass muslimische Schülerinnen keine regelmäßige Befreiung vom koedukativen Schwimmunterricht verlangen können, wenn es die Möglichkeit gibt, beim Schwimmen einen sog. Burkini zu tragen.
Eine Schule hatte der damals 11-jährigen Muslima die Befreiung vom Schwimmunterricht verweigert. Bereits der Verwaltungsgerichtshof in Kassel hatte angenommen, dass die Klägerin den muslimischen Bekleidungsvorschriften hätte genügen können, wenn sie einen sog. Burkini beim Schwimmunterricht trägt. Das BVerwG urteilte ähnlich. Das Tragen eines Burkinis sei der Klägerin zumutbar. Die Muslimin habe „nicht hinreichend verdeutlichen können, dass und inwiefern die Teilnahme am koedukativen Schwimmunterricht beim Anlegen eines Burkini die aus ihrer Sicht maßgeblichen muslimischen Bekleidungsvorschriften verletzt hätte.“
„Das Grundrecht der Glaubensfreiheit vermittelt grundsätzlich keinen Anspruch darauf, im Rahmen der Schule nicht mit Verhaltensgewohnheiten Dritter – einschließlich solcher auf dem Gebiet der Bekleidung – konfrontiert zu werden, die außerhalb der Schule an vielen Orten bzw. zu bestimmten Jahreszeiten im Alltag verbreitet sind. Die Schulpflicht steht nicht unter dem Vorbehalt, dass die Unterrichtsgestaltung die gesellschaftliche Realität in solchen Abschnitten ausblendet, die im Lichte individueller religiöser Vorstellungen als anstößig empfunden werden mögen“, so das BVerwG weiter. Die Schülerin müsse den Anblick von männlichen Schülern hinnehmen, ebenso wie die Berührung von männlichen Schülern beim Schwimmen durch Lehrer und Schülerin auf ein „hinnehmbares Maß“ reduziert werden könnten.