Bundestagswahl 2013

Muslime vor der Wahl

Muslimische Religionsgemeinschaften und Migrantenorganisationen rufen zu aktiver Teilnahme an den bevorstehenden Bundestagswahlen am 22. September auf. Um potenzielle Wähler zu den Wahlurnen zu bewegen, gibt es Veranstaltungen, Wahlprüfsteine und Wahlaufrufe.

19
09
2013
0

Faruk fragt Emre: „Kommst du heute mit?“ „Klar!“, betont Emre. Die jungen Muslime besuchen am selben Tag eine Wahlveranstaltung in einer Hamburger Moschee. Eingeladen hat die Religionsgemeinschaft SCHURA – Rat der Islamischen Gemeinden in Hamburg e. V.. Es ist nur eine von ganz vielen Aktivitäten der muslimischen Organisationen anlässlich der Bundestagswahl. In fast jeder Stadt, in der es auch eine größere Moschee gibt, gibt es in diesem Jahr Veranstaltungen und Informationsabende zur Bundestagswahl am 22. September.

Und die Parteien werben und buhlen um die Stimmen der Muslime. Angesichts der Umfragen, die auf ein knappes Ergebnis deuten, sind alle Stimmen wichtig. Da lässt man sich auch nicht lumpen, was die Besuche der Moscheen angeht. „Alibimigranten“ besuchen Veranstaltungen ebenso wie Spitzenkandidaten. So schickte die Hamburger SPD gleich Bundesvize Aydan Özoğuz zu den Muslimen, um für Stimmen zu werben. Die Botschaft ist: „Wir sind für euch da. Wir nehmen eure Sorgen ernst.“

Wahlaufrufe mobilisieren – Wahlprüfsteine geben Überblick

Tatsächlich sind die Muslime aktiv am Wahlgeschehen dran. Dies liegt auch an der Mobilisierung durch die islamischen Religionsgemeinschaften und Migrantenorganisationen. Eigene Initiativen und Kampagnen sind keine Seltenheit. So rief erst kürzlich ein breites Bündnis aus türkischen und muslimischen Organisationen zur Teilnahme an den bevorstehenden Wahlen auf. Darunter solche Organisationen wie die Türkische Gemeinde Berlin (TGB), die Islamische Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG), die Union Europäisch Türkischer Demokraten (UETD), der Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ), die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB), Europäisch-Türkische Union (ATB) und der türkische Arbeitgeberverband TÜMSIAD.

Zudem veröffentlichten gleich mehrere muslimische Organisationen eigene Wahlprüfsteine, mit denen sich die Muslime über die Positionen der Parteien zu wichtigen Fragen informieren können. Die Deutsche Muslim-Liga (DML) fragt beispielsweise die Parteien in ihren Prüfsteinen, was diese über die Weltreligion des Islam denken, aber auch was sie gegen islamfeindliche Websites tun wollen. Und der Zentralrat der Muslime (ZMD) fragt, wie die Parteien zur doppelten Staatsbürgerschaft stehen oder zu islamischen Religionsunterricht an Schulen.

Andere Organisationen wie die IGMG gehen einen Schritt weiter. Sie veröffentlichte in der Zeitschrift Perspektif Wahlprüfsteine und die Antworten der Parteien in türkischer Sprache. Dabei beschränkte man sich nicht nur auf Deutschland, sondern nahm auch gleich Österreich mit auf – auch dort stehen Wahlen an. Die Zeitschrift wird derzeit an über 15.000 Haushalte per Post versandt und ist online zu lesen. Die deutsche Version wurde von unserer Redaktion auf islamiQ.de in einer Reihe veröffentlicht.

Keine Festlegung zu Parteien: Teilnahme an den Wahlen steht im Vordergrund

Bemerkenswert ist: Die muslimischen Organisationen sprechen keine Wahlempfehlung aus: Wichtig sei für alle, dass es eine hohe Wahlbeteiligung gibt und das man von seinem demokratischen Recht gebrauch mache. Nurhan Soykan, Generalsekretärin des ZMD erklärt: „Wie das Beispiel Niedersachsen zeigt, ist der Ausgang der Wahlen oft genug ein Kopf-an-Kopf-Rennen und ein paar Hundert Stimmen sind wahlentscheidend.“ Und Oğuz  Üçüncü, Generalsekretär der IGMG meint: „Zu allererst ist es wichtig, dass die Personen die wählen dürfen, auch von ihrem Recht gebrauch machen. Denn es gibt, obwohl in Deutschland und Österreich die Zahl der wahlberechtigten Muslime auf Millionen angewachsen ist, noch immer eine Politik, die sie nicht wahrnehmen und beachten möchte.“

Faruk und Emre sind jedenfalls von der Veranstaltung in der Hamburger Moschee überrascht worden. „Die Unterschiede zwischen den Parteien wurden sehr deutlich“, sagt Faruk und Emre fügt hinzu: „Ich weiß jetzt, wen ich wählen werde und wen ich ganz bestimmt nicht wähle.“