Die Entscheidung, welche Partei man wählen sollte, ist bei vielen Wählern in Österreich noch nicht gefallen. Da lohnt sich ein Blick auf die Wahlprüfsteine der Perspektif-Redaktion. IslamiQ dokumentiert die Antworten der im Nationalrat vertretenen Parteien in zwei Teilen. Heute geht es um die Frage wie die österreichischen Parteien zu Islamfeindlichkeit, Diskriminierung und Integration stehen.
Studien belegen eine steigende Islamfeindlichkeit in Österreich. Was sind ihrer Meinung nach die Gründe für diesen Anstieg?
Jede Form der Diskriminierung einer Bevölkerungsgruppe – egal aus welchen Gründen auch immer – wird von der Sozialdemokratie zutiefst abgelehnt. Unser gesellschaftlicher Auftrag und unsere soziale Politik sind auf das gemeinsame Miteinander aller ausgerichtet. Der Gleichheitsgrundsatz ist oberstes Gebot einer sozialen und egalitären Gesellschaftspolitik und dies ist unser Selbstverständnis seit mehr als einem Jahrhundert.
Irritation und auch Vorurteile entstehen durch unzureichende Kenntnis. Durch umfangreiche gegenseitige Informations- und Aufklärungsarbeit soll das gegenseitige Zugehen gefördert werden. Gegenseitige Offenheit, Respekt und Transparenz sind der Schlüssel zu Verständnis und Akzeptanz. Nur so kann der Nährboden für Hass, Ablehnung und Zwietracht kleiner gemacht werden.
Durch die Terroranschläge vom 11. September und dem Zusammenbruch des Kommunismus ist „der Islam“ zum neuen Feindbild „aufgestiegen“. Dies versucht die FPÖ zu Wahlkampfzwecken zu instrumentalisieren, aber auch die ÖVP hat sie verstärkt. So zB. 2005 durch Aussagen der ehem. Innenministerin Prokop, die behauptete „die Hälfte aller Muslime sind integrationsunwillig“ oder durch Aussagen von Innenministerin Fekter wie „Toleranz ist ein No Go im Islam“. Die ÖVP hat zudem ein gesetzliches Minarettverbot beschlossen. SPÖ und ÖVP treten der Moslemfeindschaft nicht energisch genug gegenüber und dazu bei.
Die ausgesprochen hohe Zahl von Zuwanderern in den letzten Jahrzehnten hat dazu geführt, dass in weiten Teilen eine echte Integration nicht möglich war. Das schafft erhebliche Probleme. Österreich ist aber ein sehr offenes Land und die Österreicher sind auch sehr gastfreundlich. Was jedoch nicht gerne gesehen wird, ist eine Zuwanderung in das Sozialsystem. Wer ins Land kommt und dann nur vom Sozialstaat lebt, wird Kritik auf sich ziehen.
Integrationsversäumnisse der letzten Jahrzehnte in Kombination mit der oft undifferenzierten medialen Berichterstattung über den Islam haben einen großen Anteil an der angesprochenen Problematik. So fehlt es oftmals an der Differenzierung zwischen radikalen Strömungen sowie friedliebenden Strömungen. Wir wollen daher sicherstellen, dass der Ruf der zuverlässigen und fleißigen Personen nicht von einer leistungs- und integrationsunwilligen Minderheit zu Unrecht zerstört wird.
Vor allem Musliminnen sind auf dem Arbeitsmarkt mehrfach benachteiligt als Frau und ggf. auch als Kopftuchträgerin. Was wird Ihre Partei unternehmen, um dieser Benachteiligung entgegenzuwirken?
Da die SPÖ jede Diskriminierung zutiefst ablehnt und seit Jahrzehnten Gesetze veranlasste, die eine egalitäre, tolerante Gesellschaft begründen, wird dieser Weg weitergegangen werden. Die SPÖ war und ist die Vorreiterin für Frauenarbeit, da nur sie ein selbstbestimmtes Leben für die Frauen gewährleistet. Vor allem durch Bildung und Information ist sicherzustellen, dass die Bevölkerungsgruppen, die einzelnen Generationen und Geschlechter ein gleichberechtigtes, eigenständiges Leben führen können.
Selbstverständlich müssen Frauen und Jugendliche in Österreich unabhängig von ihrem Religionsbekenntnis alle Chancen und Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt haben. Jede Form der Diskriminierung lehnen wir entschieden ab. Klar ist, dass der Schlüssel zu einer gelungenen Arbeitsmarktintegration in der Bildung bzw. Ausbildung liegt: Je besser die Bildung und die Sprachkenntnisse, desto besser sind auch die späteren Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Deshalb setzen wir gezielt auf die Bereiche Spracherwerb und Sprachförderung, um die besten Startvoraussetzungen für alle zu schaffen.
Weiter für ein eigenes und effektives Antidiskriminierungsgesetz kämpfen. Derzeit haben wir nur ein eher schwaches „Gleichbehandlungsgesetz“, das die Opfer von Diskriminierung nicht ausreichend unterstützt. Die Grünen fordern, dass die Beweislast nicht beim Diskriminierungsopfer liegen darf und die Stellen, die Opfer unterstützen, kräftig ausgebaut und die Betroffenen nicht mit dem Prozesskostenrisiko alleingelassen werden.
Wir würden es begrüßen, wenn mehr Frauen als bisher den Weg in den Arbeitsmarkt finden würden und so mit ihrer Tätigkeit, mit ihren Steuern und Sozialleistungen einen Beitrag für das Funktionieren unseres Staates leisten könnten. Voraussetzung sind aber auch hier Sprachkenntnisse und Qualifikation. Wir haben festgestellt, dass dieses Mitwirken am Arbeitsmarkt in vielen Fällen von der Familie nicht gewünscht wird.
Schon jetzt gibt es diverse „Antidiskriminierungsgesetze“, welche Ungleichbehandlungen aus Gründen der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion, der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters, der sexuellen Orientierung und des Geschlechts verbieten. Daneben gibt es noch weitere Schutzrechte, die alles in allem ein geschlossenes System darstellen. Selbstverständlich ist der Vollzug der Gesetze zu überwachen, und mögliche Schwachstellen zu beseitigen.
Laut Studien des Innenministeriums fühlen sich im Vergleich zu anderen Herkunftsgruppen nur wenige (26 Prozent) Türkeistämmige in Österreich integriert. Welche Maßnahmen wird Ihre Partei unternehmen, um das Zugehörigkeitsgefühl der Türkeistämmigen zu Österreich nachhaltig zu erhöhen?
Durch Integrationsmaßnahmen, die dazu führen, dass auch die türkischstämmige Minderheit sich als Österreicher(Innen) fühlt. Hier ist vor allem auch die Wohnpolitik von zentraler Bedeutung, die verhindert, dass es zu Ghettoisierungen, zu (Selbst)Ab- und Ausgrenzungen kommt. Die Sozialdemokratie steht für ein gelebtes Miteinander – egal vorher die Menschen kommen – ganz im Sinne des Mottos der SP-Integrationsenqueten „Miteinander reden – miteinander leben – Gemeinsam die Zukunft gestalten.
Die Identifikation mit Österreich, unseren Gesetzen, Werten und Traditionen ist ein wesentlicher Grundstein für gelungene Integration. Die Integration türkischstämmiger Migranten funktioniert grundsätzlich gut. Dennoch gibt es auch Herausforderungen, gerade was den Bildungsbereich und den Arbeitsmarkt betrifft. Wir wollen in Zukunft alles daran setzen, die Integration von türkischen Migrantinnen und Migranten voranzutreiben und zu verbessern.
Zu Zugehörigkeit gehören sowohl Rechte als auch Pflichten. Begegnung auf Augenhöhe, das Gefühl, als Mitglied der Gesellschaft akzeptiert und respektiert zu werden und das Erleben, dass Zusammenhalt in Vielfalt möglich ist, sind das beste „Rezept“ für ein besseres Zusammengehörigkeitsgefühl. Alle diese Dinge müssen natürlich von beiden Seiten einander bzw der jeweils anderen Seite entgegengebracht werden.
Integration ist nicht nur Hol- sondern in hohem Ausmaß auch Bringschuld. Österreich ist ein tolles Land. Wer es hier zu etwas bringen will, der wird es auch schaffen. Man darf sich nur nicht auf den Sozialstaat verlassen, das wäre ein völlig falscher Weg.
Auch in diesem Bereich halten wir verbesserte Integrationsprozesse sowie verbesserte Aufklärungsarbeit durch den Staat für maßgeblich. Beispielsweise wollen wir Integration über die Mitgliedschaft in heimischen Vereinen fördern. Gleichzeitig halten wir Integrationsbereitschaft für eine „Bringschuld“: wer nach Österreich kommt und hier lebt, muss sich auch integrieren wollen und sich anpassen.