Bei einer Veranstaltung in der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart, diskutierten Vertreter aus Gesellschaft, Religionsgemeinschaften und Staat über die Anerkennung von Muslimen in Baden-Württemberg. Die Beteiligten wurden aufgerufen, Vorschläge für einen Staatsvertrag einzureichen.
Zum Abschluss der Veranstaltungsreihe „Gesellschaft gemeinsam gestalten“ in der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart kamen am 25. und 26. September 2013 Vertreter von gesellschaftlichen Akteuren, Religionsgemeinschaften und des Staates zusammen. Das Ergebnis der Tagung „Muslime in Baden-Württemberg: angekommen – anerkannt“ lässt sich laut Diözese mit den Worten „Muslime wünschen Staatsvertrag“ zusammenfassen.
Der bekannte Erlanger Jurist Mathias Rohe bezeichnete einen möglichen Staatsvertrag als „starkes politisches Signal.“ Und Hans Jörg Schmid aus der Diözese erklärte, dass der Staat nicht drum herum kommen könne, die Religionsgemeinschaften anzuerkennen.
Anderer Meinung war Erdal Toprakyaran, Juniorprofessor und Direktor des Zentrums für Islamische Theologie in Tübingen. Die Muslime könnten sich zwar flexibel den staatlichen Anforderungen stellen, aber sie hätten weiterhin ein Vertretungsproblem. Muslime müssten sich unter einem Dach organisieren, um als Ansprechpartner wahrgenommen zu werden, so Toprakyaran.
Dem wurde durch Vertreter der DITIB entgegen gehalten, dass die christlichen Kirchen auch in verschiedenen Konfessionen organisiert sind und die Organisation unter einem Dach nicht notwendigerweise nötig sei. Muhittin Soylu, Vorsitzender der Islamischen Glaubensgemeinschaft Baden-Württemberg (IGBW) stellte jedoch klar, dass eine Zusammenarbeit der muslimischen Gemeinschaften eine Selbstverständlichkeit sein sollte. Viele Herausforderungen werde man nur gemeinsam angehen können. Der anwesende Staatssekretär Klaus-Peter Murawski lud im Namen von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Die Grünen) die Beteiligten dazu ein, dem Ministerpräsidenten Vorschläge für einen Staatsvertrag zu unterbreiten.
Nachdem der baden-württembergische Landesverband der Türkisch-Islamischen Union (DITIB) im Alleingang einen Antrag auf Erteilung von islamischen Religionsunterricht gestellt hat, hätte das Kultusministerium ein externes Gutachten in Auftrag gegeben, mit dem ihr Status als Religionsgemeinschaft überprüft werden soll. Mittlerweile hätte auch der Landesverband des VIKZ einen eigenen Antrag gestellt. Der Vorsitzende der IGBW, Muhittin Soylu, erklärte auf einer Podiumsdiskussion mit den Sprechern der Landtagsfraktionen, dass sie ihren Mitte der 2000er Jahre gestellten Antrag auch wieder aktualisiert haben. Somit liegen in Baden-Württemberg von drei Religionsgemeinschaften Anträge auf Erteilung eines islamischen Religionsunterrichts vor.
SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel und Daniel Lede Abal, integrationspolitischer Sprecher der Grünen, stellten eine Ausweitung des laufenden Modellprojekts „islamischer Religionsunterricht“ in Aussicht. Sollte die Prüfung des Antrags der DITIB für eine Trägerschaft positiv ausfallen, so könne man, wie in Hessen, in einen Regelbetrieb übergehen, erklärte Schmiedel.
Bei der Tagung handelte es sich um die vierte Veranstaltung der auf fünf Jahre ausgelegten landespolitischen Reihe „Gesellschaft gemeinsam gestalten“, die gemeinsam von der Landesregierung Baden-Württemberg, der Robert Bosch Stiftung und der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart getragen wird. An ihr nahmen rund 160 Multiplikatoren aus islamischen Religionsgemeinschaften, Kirchen, Zivilgesellschaft, Verwaltung und Politik teil.