Der Rat für Migration fordert in einem offenen Brief und einer Online-Petition die künftige Bundesregierung auf, die Migrations- und Integrationspolitik institutionell zu reformieren. Die Zuständigkeit für die Migrations- und Integrationspolitik soll zudem nicht mehr beim Bundesinnenministerium liegen.
Über sechzig Wissenschaftler verschiedener Disziplinen und weitere Erstunterzeichner unterstützen einen Aufruf, der am 1. Oktober 2013 als Online-Petition veröffentlicht wurde. Darin fordert der Rat für Migration (RfM), dass die Zuständigkeit für Migrations- und Integrationspolitik künftig nicht mehr beim Bundesinnenministerium (BMI) liegt, sondern in einem Querschnitts-Ministerium, das aus dem bisherigen Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hervorgehen kann.
Das BMI sei mit seiner Konzentration auf Sicherheitspolitik und Gefahrenabwehr das falsche Zentralressort für die Förderung von Zuwanderung und Willkommenskultur. Migrationsrechtler Prof. Dr. Jürgen Bast fordert: „Als inhaltliche Grundlage für die Arbeit des neuen Querschnitts-Ministeriums ist ein Bundesmigrations- und Integrationsgesetz erforderlich, das die Neuausrichtung auf einen umfassenden Ansatz festschreibt.“
Der Migrationshistoriker Prof. Dr. Klaus J. Bade betont: „Nötig ist ein Wandel von der herkömmlichen Integrationspolitik für Migranten zu einer teilhabeorientierten Gesellschaftspolitik für alle.“ Weil Migration und Integration für alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens belangvolle Dimensionen sind, soll das neue Querschnitts-Ministerium auch die Dimensionen Bevölkerung, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur im Blick haben und damit über seine eigenen Ressortgrenzen hinaus wirken. Es soll deshalb auch die Aktivitäten anderer Ressorts im Bereich von Migration und Integration koordinieren, also insbesondere diejenigen des Bildungs-, Familien-, Wirtschafts-, Innen-, Justiz- und Außenministeriums.
„Wir brauchen mehr institutionelle Transparenz“, fordert auch Politikwissenschaftler Prof. Dr. Dietrich Thränhardt. „Derzeit gibt es auf der Bundesebene in Sachen Migration und insbesondere bei der Integrationspolitik eine schwer zu überblickende Vielfalt von Kompetenzen.“ Jenseits der zentralen Zuständigkeit des Bundesinnenministeriums liegt die Federführung für Fragen der Arbeitsmigration beim Arbeitsministerium, die Visavergabe fällt in die Zuständigkeit des Außenministers und diverse andere Ministerien haben inzwischen selber ein eigenes Integrationsreferat. Im Bundeskanzleramt sitzt die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung ohne eine Zuständigkeit für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, das wiederum für die Integrationskurse zuständig ist, aber dem Bundesinnenministerium nachgeordnet.
Dieses Kompetenz-Wirrwarr belastet laut RfM sogar die Informationsmöglichkeiten zum Thema: Bis heute gibt es keinen geschlossenen Migrations- und Integrationsbericht, der kontinuierlich fortgeschrieben wird. „Wir fordern die Koalitionsunterhändler, die neue Bundesregierung und die zukünftigen Bundestagsabgeordneten auf, sich unsere zukunftsorientierten Forderungen zu eigen zu machen“, so die Unterzeichner des offenen Briefes abschließend.