Kurse zur Selbstverteidigung werden bei Musliminnen immer begehrter. Die Frauen wollen keine Opfer mehr sein und sich gegebenenfalls vor Angriffen schützen.
Der Fall aus Frankreich erschütterte Muslime in ganz Europa. Eine schwangere Muslima wurde im Juni von mutmaßlichen Rechtsextremisten zusammengeschlagen. Die Täter schlugen extra auf den Bauch ihres Opfers. Das Opfer erlitt eine Fehlgeburt.
Es ist nur einer von vielen extremen Fällen, die sich allerdings in den letzten Jahren gefühlt häufen. Und nicht erst nach dem brutalen islamfeindlichen Übergriff auf Marwa El-Sherbini in einem Dresdener Landgericht (2009) fragen muslimische Frauen, was sie gegen solche Übergriffe tun können.
Eine solche Frau ist auch Aischa* gewesen. Sie ist 29 Jahre alt und studiert Islamwissenschaften. Für die gläubige Muslima ist der Hintergrund denkbar einfach: Ein Vorfall in einer U-Bahn hat ihr die Augen geöffnet.
„Ich wurde von einer Frau bespuckt. Sie schimpfte über mein Kopftuch, über mein Aussehen. Sie schrie, ich solle zurück in mein Land. Die Menschen um uns herum haben nur zugeschaut. Niemand kam mir zur Hilfe. Hätte die Frau mich angegriffen, wer weiß, was dann passiert wäre“, erzählt die junge Studentin.
Sie fragte sich: „Was wenn wirklich etwas passiert?“ Also ging sie ins Internet und suchte nach Kursen zur Selbstverteidigung. Doch so richtig begeistern konnte sie sich für die „normalen“ Angebote nicht. Mal war der Ausbilder ein Mann, mal war die Veranstaltung nicht wirklich getrennt. Gerade sie als Muslima wollte aber einen Kurs finden.
Sie fragte bei Bekannten nach, ob es nicht möglich wäre, wenn man einen Kurs islamkonform gestaltet. Aus der Idee entstand mit Freundinnen aus der muslimischen Gemeinde ein Kurs für Frauen, die sich selbst vor Übergriffen schützen möchten. Und der Kurs ist gefragt.
Das liegt auch daran, dass Musliminnen stärker von Diskriminierung betroffen sind, als andere Gruppen. Das geht aus einem aktuellen Bericht der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) hervor. Studien und auch Auswertungen von Statistiken zeigen zudem, dass Musliminnen öfter Angriffsziel von islamfeindlichen Attacken werden. Und auf einschlägigen Websites von Rechtsextremisten und Rechtspopulisten sind Frauen mit Kopftuch das Feindbild Nr. 1.
Es handelt sich dabei nicht nur um ein Problem in Deutschland, sondern um ein EU-weites Problem. So erklärte in Reims/Frankreich die muslimische Organisation „l’association culturelle islamique Des racines“, erst kürzlich, sie werde angesichts der Übergriffe auf muslimische Frauen diesen Selbstverteidigungskurse anbieten.
„Dieses Projekt ist eine Antwort auf die Angriffe gegen verschleierte Frauen“, sagt die Initiatorin der Kampagne, Nadia Tara. Die junge Frau beklagt dabei auch die Entwicklung in Frankreich, dass „Musliminnen in ihren Handtaschen Tränengas“ tragen müssen.
*Name geändert