Kretschmann

Es spricht nichts gegen Einführung eines muslimischen Feiertags

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann befürwortet die Trennung von Staat und Kirche, aber auch die Einführung eines islamischen Feiertags in Deutschland. Ihm ginge es um Gleichberechtigung und Teilhabe.

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10
2013
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Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat sich auf einer Tagung der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart am Freitag (18. Oktober) für die Beibehaltung des kooperativen Modells der Trennung von Staat und Kirche ausgesprochen.

Nach Ansicht des Ministerpräsidenten ist die „kooperative ausbalancierte Trennung von Staat und Kirche“ eine große Chance und ein Gewinn für die Gesellschaft. Eine laizistische Trennung bedeute in diesem Sinne „keinen Zuwachs an Freiheit.“ „Das kooperative Modell ist so gut, dass es eher andere übernehmen, als dass wir es ändern“, so der Grünenpolitiker.

Gleichberechtigung für andere Religionsgemeinschaften

Der Ministerpräsident äußerte zusätzlich den Wunsch, dass andere Religionsgemeinschaften eine gleichberechtigte Stellung zu den Kirchen in Deutschland erlangen. So sollten islamischer Religionsunterricht, aber auch Wohlfahrtsverbände von muslimischen Organisationen eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Kretschmann erklärte: „Es spricht nichts dagegen, einen muslimischen Feiertag in Deutschland einzuführen.“

Damit machte der Grünenpolitiker auf die Stellung der Religionen in Deutschland aufmerksam und auf ihre Sonderrechte. Es müsse eine neue gesellschaftliche Debatte darüber geben, wie mit religiösen Feiertagen umgegangen werden soll. Den Schutz von Sonn- und Feiertagen sollte es laut Kretschmann auch weiterhin geben, solange die Menschen die Zeit zur „seelischen Erholung“ nutzen. Man könne jedoch nicht jeden Feiertag aufnehmen, „sonst hätten wir jeden Tag frei.“

Religiöse Vielfalt erhalten

Der Auftrag des Staates sei es, die religiöse Vielfalt in Deutschland beizubehalten, sagte Kretschmann in seiner Rede. Das Grundgesetz gebiete nicht nur die „Freiheit von Religion, sondern auch die Freiheit für Religion.“ Statt Religiöses aus dem öffentlichen Leben zu drängen, müsse der Staat Religionsfreiheit aktiv fördern und unterstützen.

Der Staat biete den Menschen grundsätzlich eine Freiheit an, die erst einmal „leer“ sei. Diese müsse von jedem Einzelnen „wie es ihm sein Gewissen eingibt“ gefüllt werden. Frei sein bedeute auch etwas unbedingt zu wollen, sagte der Ministerpräsident. Eine strikte Trennung von Kirche und Staat führe jedoch nicht zu mehr Freiheit.

Keine Summe von Individuen

Um nicht wirkungslos zu bleiben, erfordere die Freiheit die Verbindung mit anderer Freiheit in der Gemeinschaft. Dies erfordere ihrerseits aber auch Verbindlichkeit. Die Gesellschaft sei nicht die Summe von Individuen, so Kretschmann, sondern eine Gemeinschaft von Gemeinschaften, deren Sinnstiftung der Staat im wohlverstandenen Eigeninteresse brauche.

Deshalb fördere der Staat aktiv die Pflege der Religionen, die sich aber im säkularen Kontext bewegen müssten. Essenzielle Imperative einer Glaubensgemeinschaft wie in der Debatte um die Beschneidung müsse der Staat ernst nehmen, betonte Kretschmann. Als Herausforderungen nannte er die institutionelle Ausgestaltung des islamischen Religionsunterrichts, den Feiertagsschutz, das kirchliche Arbeitsrecht und den Tendenzschutz kirchlich getragener Einrichtungen. Letzterer bereite nur bei einer Monopolstellung der Kirchen Probleme.