Der heutige Aschûra-Tag hat eine besondere Bedeutung. Einerseits gab es viele historische Ereignisse, die auf den Aschûra-Tag gefallen sein sollen. Andererseits ist es auch ein Datum der Trauer.
Muslimen wird empfohlen, am Aschûra-Tag zu fasten. Dies geht auf den Propheten Muhammad (s) selbst zurück. Nach der Auswanderung (Hidschra) nach Medina sah der Prophet, dass die Juden in der Stadt den Tag von Aschûra als Feiertag begingen. Er fragte nach und ihm wurde erklärt, man feiere die Befreiung der Kinder Israels von den Feinden. Die Juden beriefen sich dabei explizit auf den Propheten Mûsâ (a). Dieser habe auch an diesem Tag gefastet. Der Prophet erklärte daraufhin: „Ich bin Mûsa näher als ihr“ (Buhârî, Sîyam, 109). Er befahl damals seinen Gefährten anlässlich dieses Tages gleich zwei Tage zu fasten, um den Unterschied zu den Juden deutlich zu machen. Später wurde diese Pflicht wieder aufgehoben. Der Ramadan war als Fastenmonat vorgeschrieben worden.
Das Fasten am Aschûra-Tag gehörte auch zu einer Tradition, die bereits in vorislamischer Zeit in Mekka bekannt war und vollzogen wurde. Heute wird der Tag von den Muslimen meist mit Fasten verbracht.
In einigen Kulturkreisen hat sich auch eine Form des Gedenkens etabliert, die mit einer süßen Speise zum Aschûra-Tag ausgedrückt wird. Dieses wird auch Aschûra genannt und am Tag und kurz davor an Freunde, Familie und Nachbarn verteilt. Besonders türkische Muslime führen diese Tradition auch in Deutschland fort.
In der Überlieferung finden sich immer wieder Hinweise auf historische Ereignisse am Aschûra-Tag. So soll dem ersten Menschen und Propheten Adam (a) seine Sünde an diesem Tag durch Allah verziehen worden sein. Die Arche Noah (a) soll an diesem Tag der Sintflut entkommen sein. Abraham (a) soll an diesem Tag dem Feuer des Nimrod entkommen sein. Yâkûb (a) bekam seinen verlorenen Sohn Yûsuf (a) an diesem Tag zurück. Und Moses (a) führte die Kinder Israels aus der Grausamkeit des Pharao in die Freiheit. Schließlich soll die Heilung des Propheten Ayyûb (a) von seinen Krankheiten ebenfalls am 10. Muharram, also am Aschûra-Tag geschehen sein.
Doch ein trauriges Ereignis belastet das Herz der Muslime am Tag von Aschûra. Der Märtyrertod des Prophetenenkels. Husayn (r), Sohn des Ali (r) und der Prophetentochter Fatima (r), Enkel des Propheten Muhammad (s), wurde am Aschûra-Tag in Kerbela von den Schergen des tyrannischen Herrschers Yezid getötet.
Yezid, der Sohn des Muawiya (r), verlangte von Imam Husayn (r) die Anerkennung seiner Herrschaft. Imam Husayn (r) sollte ihm entweder die Treue schwören oder sterben. Imam Husayn fiel entsprechend seines Status und als Hoffnung für die Menschen fast einem Mordanschlag bei dem Hadsch zum Opfer. Er entschloss sich daraufhin, in den Krieg gegen den Yezid und seine Tyrannei zu ziehen.
Die Hadsch wurde abgebrochen und entgegen der Warnung einiger wohlmeinender Muslime, beharrte der Prophetenenkel auf seinem Weg. Er sagte: „Wenn ich heute nicht in den Krieg gegen das Unrecht ziehe, wer soll dann noch gegen das Unrecht auf dieser Welt kämpfen? Ich weiß, dass mich in Kufa der Tod erwartet, und gerade deshalb möchte ich nicht, dass mein Blut in dieser heiligen Stadt (Mekka) vergossen wird.”
Es kam so, wie der Enkel des Propheten erwartet und gewusst hatte. Die meisten Menschen, die ihn noch in den Krieg begleitet hatten, flüchteten angesichts der starken Militärmacht und ließen Husayn und seine Familie im Stich. Nur eine Gruppe von 40 Menschen leistete dem Heer von 4.000 Kriegern Widerstand. Der Imam und seine Familie, seine Freunde und treuen Gefolgsleute kämpften gegen die ungeheure Armee der Tyrannei und ließen ihr Leben für die gerechte Sache.
Besonders die schiitischen Muslime Gedenken am heutigen Tag dem Opfer ihres Idols und Imams. Hierbei wird auch der Leidensweg des Husayn (r) in extremen Varianten nachgestellt. Pilger fahren an diesem Tag nach Kerbela und das menschliche Leiden wird in den Vordergrund gestellt. Man erinnert aber auch an das Opfer des Prophetenenkels für die Muslime und für die Gerechtigkeit. Kerbela ist eine Mahnung an alle Muslime.