Muslime verurteilen den Anschlag auf die Baustelle der Ahmadiyya Muslim Jamaat in Leipzig. IslamiQ gibt einen kleinen Überblick zur Ahmadiyya, ihre Moscheebauten, den Anschlag in Leipzig und warum dieser nur die Spitze von Islamfeindlichkeit in Deutschland darstellt.
Die Ahmadiyya Muslim Jamaat (AMJ) ist hierzulande als Gemeinschaft politisch weitestgehend akzeptiert, in Hessen hat sie sogar den Status der Körperschaft des öffentlichen Rechts erhalten. Sie ist für ihre oft repräsentativen Moscheebauten bekannt. Obwohl in Deutschland nach eigenen Angaben nur 30.000 Anhänger leben, baut die Gemeinschaft gerne Moscheen. Es gibt seit 1989, dem 100. Jahrestag der AMJ, einen Plan für insgesamt 100 Moscheen in Deutschland, die zur Gemeinschaft gehören sollen. Bisher wurden 34 Moscheen gebaut und fertiggestellt. Acht weitere Moscheen befinden sich derzeit im Bau und 17 weitere, darunter auch die Moschee in Leipzig, befinden sich derzeit in der Planungsphase.
Bei den meisten Projekten blieb es eher still um die Moscheebauten. Denn die Ahmadiyya baute vor allem an Randgebieten von Städten und Gemeinden oder in Industriegebieten. Dort gab es kaum Beschwerden, weil sich keine Häuser in direkter Nachbarschaft zur Moschee befanden. Aufruhr und Proteste gab es bisher nur bei einem Bau in Berlin Heinersdorf. Dort protestierte eine Bürgerbewegung gegen die geplante Moschee. Auch die NPD hetzte damals gegen die Ahmadiyya Muslim Jamaat. Eskaliert war die Lage damals allerdings nicht so sehr wie in Leipzig.
Hier wurde offen gegen die Gemeinschaft gehetzt. Mit „Nein zur Moschee“ wurde sowohl der Bau als auch die Gemeinschaft abgelehnt. Die rechtsextreme NPD instrumentalisierte die Proteste für den eigenen Wahlkampf. Politiker in Leipzig taten sich schwer, sich offen zum Moscheebau zu äußern. Nur der Bürgermeister, Burkhard Jung (SPD), sicherte der Gemeinschaft Unterstützung beim Projekt zu.
Besonders enttäuschend: Katrin Viola Hartung (CDU) initiierte eine Online-Petition, um die Moschee zu verhindern. Zuletzt sorgte der CDU-Chef Robert Clemen in Leipzig für Aufruhr: Er kündigte an, mit Salafisten über die geplante Moschee zu sprechen, damit Ruhe einkehre. Ein Fauxpas, weil gerade diese Bewegung nicht gut auf die Ahmadiyya zu sprechen ist.
Nachdem Anschlag auf das Moscheebaugelände erfährt die Ahmadiyya Muslim Jamaat breite Unterstützung und Solidarität. Bürgermeister Jung erklärte zur Tat: „Die Stadt Leipzig ist geschockt von diesem widerwärtigen Anschlag. Ein solcher Frevel, der jenseits meiner Vorstellung liegt und der die Grundlagen des interreligiösen Zusammenlebens erschüttert, ist nicht hinnehmbar. Ich verurteile diese feige Tat auf das Schärfste und werde mich dafür einsetzen, dass die Täter zur Rechenschaft gezogen werden.“ Jung entschuldigte sich im Namen der Gemeinde bei der AMJ. Eine Delegation der SPD besuchte heute die Baustelle.
Der Chef der Ahmadiyya Bewegung in Deutschland zeigte sich über den Anschlag auf die Baustelle wenig berührt. Man sei solche Dinge bereits gewohnt, wurde aus der Zentrale mitgeteilt. Schweine sind im Islam als unrein und für den Verzehr verboten. Das grausame Bild von aufgespießten und blutüberströmt Schweineköpfen und brennende Mülltonnen bringen die Gemeinschaft nicht aus der Fassung, erklärte der Vorsitzende Abdullah Uwe Wagishäuser gegenüber LVZ-Online. Er finde es nur sehr traurig, dass sich Menschen auf eine solche Ebene begeben.
Aiman Mazyek vom Zentralrat der Muslime in Deutschland verurteilte die Tat in der BILD-Zeitung scharf. Der Islamratsvorsitzende Ali Kızılkaya erklärte gegenüber IslamiQ, dass solche Anschläge „leider keine Seltenheit in Deutschland“ darstellen. Auch in der Vergangenheit erhielten laut Kızılkaya Moscheegemeinden per Post Schweineohren oder Ähnliches. Der Koordinationsrat der Muslime (KRM) habe mehrere Anschläge mit Tierblut und auch abgetrennten Schweineköpfen in der jüngeren Vergangenheit registriert und dokumentiert.
Kızılkaya verurteilte die schreckliche Tat, die ein Angriff auf das Zusammenleben und eine geplante Moschee in Deutschland sei. „Islamfeindlichkeit ist eine ernstzunehmende Gefahr, die von der Gesellschaft und Politik gemeinsam bekämpft werden muss. Sie wird leider nicht ernst genug genommen. Dies ist kein Einzelfall. Sie reiht sich in eine große Reihe beschämender Angriffe auf Moscheen in Deutschland ein“, erklärte Kızılkaya. Der Islamratsvorsitzende fordert zudem die gesonderte Aufnahme von Islamfeindlichkeit in die Kriminalstatistik und die Entwicklung geeigneter Gegenmaßnahmen. Er hoffe, dass im Angesicht der schrecklichen Tat, nun genauer auf die Feindschaft gegen die Muslime in Leipzig und überall in Deutschland geschaut wird.