Islamiq

Kaum ein anderes Musikinstrument der Welt ist derart einfach konstruiert wie die Längsflöte Nay. Sie zu spielen aber ist sehr schwer. Allein die Tonerzeugung erfordert viel Übung. Ein sauberer Klang, vor allem in der Tiefe, gelingt nur erfahrenen Musikern.

Kudsi Erguner gilt als der bekannteste Spieler der Nay-Flöte. In den fünfziger Jahren in Istanbul aufgewachsen trat er zusammen mit seinem Vater Ulvi Erguner schon als junger Mann auf verschiedenen Zeremonien auf. Viele Jahre forschte er über die Sufi-Musik und gilt mittlerweile als der Meister der traditionellen Nay-Spieler.

Sein Leben ist der Musik gewidmet

Erguner wuchs in einer traditionsreichen türkischen Musikerfamilie auf und erlernte das Instrument bei seinem Vater Ulvi Erguner und seinem Großvater Süleyman Erguner, die beide bedeutende Meister auf dem Instrument waren. Er wurde geprägt von Kontakten mit dem Sufi-Orden der Mevlevi und spielte im Rundfunkorchester Istanbul. Später studierte er zudem in Paris Architektur und Musikwissenschaft.

In den 80er Jahren unternahm er ausgedehnte Reisen durch Afghanistan, um traditionelle Musik aufzunehmen und zu dokumentieren. Ende 1987 gab er ein Konzert mit Musik des osmanischen Hofes in der Royal Albert Hall in London.

Seit 1980 lebt der Nay-Virtuose und Musikwissenschaftler in Paris. Dort führt er sein Institut Mevlevi, wo er über den Sufismus lehrt. Erguner arbeitet mit internationalen Künstlern zusammen und verbindet die traditionelle Musik mit Jazz. Ende der 90er Jahre gründete er die Gruppe Ottomania. Die Band war das erste weltmusikalische Projekt, das klassische Musik aus dem Osmanischen Reich mit westlicher Improvisation und Jazzrhythmen mischt.

Kudsi Erguners musikalische Experimentierfreudigkeit kann man auch an der Wahl seiner musikalischen Partner erkennen; einige der interessantesten Musiker sind Nusrat Ali Fatih Khan, das Hilliard Ensemble und Anouar Brahem.

2011 erweckte Erguner Goethes west-östlichen Divan zu neuem Leben. Getragen vom mystischen Klang der Nay und einem Ensemble mit klassisch-türkischen Instrumenten rezitierten zwei Muezzine aus Istanbul Goethes Gedichte in deutscher Sprache.

Außerdem veröffentlichte er die Bücher „Journeys of a Sufi Musician“, „Le Mesnevi : 150 contes soufis“ und „Le livre des derviches bektashi“. Heute ist Kudsi Erguner der wichtigste Vertreter der türkischen Musik in Europa.