Der Jahresbericht des Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte der OSZE listet Hassverbrechen in der gesamten OSZE-Region auf. Einzig zur Islamfeindlichkeit gibt es unzureichende Daten. Besonders Deutschland gibt kein gutes Vorbild ab.
Das Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte (ODIHR) der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hat anlässlich des Internationalen Tags der Toleranz vor Kurzem ihren Jahresbericht „Hasskriminalität in der OSZE-Region – Vorfälle und Antworten“ veröffentlicht.
Janez Lenarčič, Direktor des ODIHR, erklärte bei der Vorstellung des Jahresberichts für 2012, dass Hassverbrechen nicht nur großen Schaden für den Einzelnen und Gruppen anrichten, sondern auch eine Gefahr für die Sicherheit, den sozialen Zusammenhalt und die Entwicklung in der OSZE-Region darstellen. Hassverbrechen seien weiterhin ein ernsthaftes Problem innerhalb der OSZE.
„Hassverbrechen haben starke Auswirkungen auf die Gesellschaften, gegen die sie gerichtet sind, und fügen den Opfern schweren – manchmal fatalen – Schaden zu. Es liegt in der Verantwortung der Regierungen in der gesamten OSZE-Region alles zu tun, um diese Verbrechen zu verhindern“, sagte Lenarčič. „Angesichts der im Allgemeinen negativen Auswirkungen von hass-motivierter Gewalt auf Gesellschaften gilt dies umso mehr.“
Der Jahresbericht listet ein breites Spektrum von Hassdelikten in der OSZE-Region auf. So werden Bedrohungen, Vandalismus, Körperverletzung, Brandstiftung und Mord neben anderen Gewaltdelikten aufgeführt. Zu den klassischen Themen Antisemitismus und Antiziganismus sind auch die Christenfeindlichkeit und Islamfeindlichkeit in OSZE-Ländern aufgeführt.
Die ODIHR sieht, nach eigenen Angaben, eine Notwendigkeit für einen umfassenden Ansatz zur wirksamen Bekämpfung von Hass und Gewalt. Auch müsse der Austausch zwischen den Ländern verstärkt werden. Bisher werden nur auf Fachkonferenzen bewährte Praktiken in der Polizeiarbeit, Strafverfolgung und Datensammlung aus der ganzen Region vorgestellt.
Das Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte (ODIHR) beobachtet, ob die Teilnehmerstaaten der OSZE ihren Verpflichtungen im Bereich der Menschenrechte nachkommen. Die ODIHR nutzt vor allem das Instrument der Wahlbeobachtungen und führt Fachseminare durch. Sie leistet auch Unterstützung bei der Förderung von Rechtsstaatlichkeit und dem Aufbau von demokratischen Strukturen. Das Büro hat seinen Sitz in der polnischen Hauptstadt Warschau.
Der vollständige Jahresbericht zu Hassverbrechen ist hier zu finden: http://tandis.odihr.pl/hcr2012/
Die ODIHR beklagt in ihrem Bericht eine fehlende und unvollständige Datenübermittlung durch die Mitgliedsländer. Die Erfassung von Hasskriminalität ist laut OSZE-Büro nötig, um zu verstehen, wie sie funktioniert und wie man sie bekämpfen kann. Doch nicht alle Länder erfassen sämtliche wichtige Daten.
Zwischen 2008 und 2012 haben nur 20 OSZE-Staaten Informationen zu Hassverbrechen und Hassdelikten mit islamfeindlichem Hintergrund an die ODIHR übermittelt. Und selbst die übermittelten Daten waren unvollständig. Nur Schweden und Österreich haben vor Veröffentlichung des diesjährigen Jahresberichts Daten an den ODIHR übermittelt und nur Österreich hat auch gesonderte Informationen zu den Fällen geliefert.
Dies erstaunt, haben doch die OSZE-Staaten bereits 2002 erklärt, dass sie jeden Akt von Diskriminierung und Gewalt gegenüber Muslimen verurteilen und es ablehnen, dass Terrorismus und Extremismus mit einer bestimmten Religion und Kultur identifiziert werden. 2007 beschlossen die gleichen Staaten, dass die Mitgliedsländer Islamfeindlichkeit entschiedener bekämpfen müssen und 2010 wurde dieses Anliegen und Ziel noch einmal stark bekräftigt.
Die ODIHR listet daher in ihrem Jahresbericht 2012 nur wenige Fälle von Hassdelikten aus islamfeindlichen Motiven in der OSZE-Region auf. Insbesondere die Angaben aus Deutschland sind enttäuschend. Es werden nur ein paar Fälle aufgelistet, die jedoch nicht von der Bundesregierung oder staatlichen Stellen stammen. Die ODIHR macht darauf aufmerksam, dass in Deutschland Hasskriminalität aus islamfeindlichen Motiven statistisch nicht erfasst wird und Delikte, die in diesen Bereich gehören auch nicht übermittelt wurden.
Die geringe Zahl der erfassten Fälle ist ein Resultat der deutschen Politik. Die gesonderte Erfassung von Hassdelikten, die aus islamfeindlichen Motiven begangen werden, fehlen weiterhin in der Kriminalstatistik. Dadurch ist es auch nicht möglich echte Handlungsempfehlungen herauszugeben, oder gar das Problem in Gänze zu erfassen, wie es der Koordinationsrat der Muslime in Deutschland (KRM) immer wieder erklärt hat.
Die ODIHR hat, auch weil der deutsche Staat in der Sache nicht aktiv genug ist, NGOs in Deutschland geschult, um Rassismus zu bekämpfen und gegen Hassverbrechen vorzugehen. Dabei wurden die NGOs auch in der Dokumentation und Übermittlung solcher Fälle an die richtigen Stellen geschult. Dennoch lassen die Ergebnisse zur Islamfeindlichkeit erkennen, dass es hier einen starken Bedarf an verbesserten Angeboten gibt.