Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) hat sich gegen Vorwürfe aus der CDU-Fraktion im Landtag wegen der Einstellung der sog. „Islamisten-Checkliste“ gewehrt. Pistorius erklärte, das Handlungskonzept seines Vorgängers habe zu einem Generalverdacht gegenüber Muslimen geführt.
In der Fragestunde der Sitzung des niedersächsischen Landtags am 13. Dezember 2013 hat sich Innenminister Boris Pistorius (SPD) mündlich zu Fragen aus der CDU-Fraktion zur Präventionsarbeit gegen „Islamisten“ geäußert. Pistorius verteidigte dabei die Einstellung der sog. „Islamisten-Checkliste“ von seinem Vorgänger Uwe Schünemann (CDU). Dadurch sei die Präventionsarbeit allerdings nicht zum Erliegen gekommen.
Das Handlungskonzept Schünemanns habe insgesamt zu unzulässigen pauschalen Verdächtigungen gegen den Islam und der hier lebenden Muslime geführt. „Die Einstellung des Handlungskonzeptes vermeidet, dass Muslime durch Maßnahmen der Sicherheitsbehörden unter Generalverdacht gestellt werden“, erklärte Pistorius.
Mit der Einstellung bestehe die Möglichkeit, verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen und die im Zusammenhang mit dem Antiradikalisierungskonzept entstandenen Missverständnisse auszuräumen. Dies wurde laut Pistorius auch den muslimischen Gemeinschaften Schura Niedersachsen und DITIB Landesverband Niedersachsen-Bremen in einem persönlichen Schreiben mitgeteilt.
Nach Ansicht der Landesregierung bestehe auch weiterhin eine Gefährdung durch „jihadistisch“ orientierte Organisationen. Eine besondere Bedeutung nehme dabei der Syrienkonflikt ein. Der Konflikt werde in „islamistisch beeinflussten Moscheen“ angesprochen. „Diese Thematisierung und eine intensive islamistische Propaganda führten dazu, dass mittlerweile bundesweit Erkenntnisse zu mehr als 240 deutschen Islamisten bzw. Islamisten aus Deutschland vorliegen, die in Richtung Syrien ausgereist sind, um dort beispielsweise an Kampfhandlungen teilzunehmen oder den Widerstand gegen das Assad-Regime in sonstiger Weise zu unterstützen“, erklärte Pistorius.
Pistorius wies in diesem Zusammenhang den Vorwurf der CDU-Politiker zurück, der Innenminister und die Präsidentin des Verfassungsschutzes würden es unterlassen Maßnahmen gegen die Radikalisierung von Muslimen und das Anwerben von Konvertiten für den „Heiligen Krieg“ zu ergreifen. Pistorius machte auch auf die jüngste Vorlage zur Präventionsarbeit aufmerksam (wir berichteten).
Der Innenminister erklärte, dass die Präventionsarbeit der Landesregierung gegen Extremismus nicht an muslimische Religionsgemeinschaften oder andere zivilgesellschaftliche Akteure übertragen werden soll. Die muslimischen Gemeinschaften (u. a. DITIB Landesverband Niedersachsen-Bremen und Schura Niedersachsen) sollen jedoch in die Erarbeitung eines mit dem Sozialministerium gemeinsam zu erstellenden Konzeptes für die Einrichtung einer zivilgesellschaftlichen sozialen Arbeitsstelle, die Jugendliche, insbesondere aus dem Bereich der muslimischen Jugendlichen, vor einer Radikalisierung durch „islamistische Einflüsse“ bewahren soll, eingebunden werden.
„Für eine wirksame Prävention ist eine Zusammenarbeit mit den muslimischen Verbänden unerlässlich. Für eine fachliche Begleitung oder Beratung der Arbeitsstelle stehen die niedersächsischen Sicherheitsbehörden zur Verfügung und wirken insoweit an Präventionsmaßnahmen mit“, sagte Pistorius abschließend und ergänzte: „Prävention ist grundsätzlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.“ Insofern könnten alle gesellschaftlichen Gruppen in Eigenverantwortung auch Präventionsarbeit betreiben.