Heute vor einem Jahr unterzeichneten die islamischen Religionsgemeinschaften einen Staatsvertrag mit dem Bundesland Bremen. Als Meilenstein gefeiert brachte der Staatsvertrag Rechte und Pflichten für die Muslime mit sich. Doch es gibt auch Dispute.
Heute vor einem Jahr wurde im Bremer Rathaus der Staatsvertrag mit den muslimischen Religionsgemeinschaften dem Landesverband der Türkisch-Islamischen Union Bremen/Niedersachsen (DITIB), der Islamischen Religionsgemeinschaft Bremen (Schura) und dem Landesverband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ) feierlich unterzeichnet.
Der Stadtstaat Bremen ist neben Hamburg eines von zwei Bundesländern, in denen ein gültiger Staatsvertrag mit islamischen Religionsgemeinschaften existiert. Seit einem Jahr haben Muslime durch den Staatsvertrag verschiedene Rechte und Pflichten.
Der Staatsvertrag hat die muslimischen Religionsgemeinschaften offiziell als solche aufgewertet. Die Anerkennung hat durchaus sinnvolle und praktische Hintergründe. Die drei muslimischen Religionsgemeinschaften sind offizielle Vertreter der islamischen Glaubensgemeinschaft. Sie sind Ansprechpartner und zuständig für die Themen der Muslime in der Hansestadt.
Dies macht sich auch im Alltag bemerkbar. Muslime sind heute in Härtefallkommissionen und im Medienrat der Stadt vertreten. Die Feiertage wurden zu gesetzlichen Feiertagen erklärt. Schüler und Arbeiter können sich für diese Tage befreien lassen. Die Seelsorge in Krankenhäusern und in Gefängnissen wurde erweitert und professionalisiert. Gespräche über einen eigenen muslimischen Friedhof laufen bereits.
Das nicht alles gut lief, zeigte sich jedoch bereits im März 2013. Die Religionsgemeinschaften stellten sich gegen die Bevormundung durch den Verfassungsschutz. Weil dieser über Islam-Themen beim Landesinstitut für Schule (LIS) referierte, und das LIS die Muslime nicht eingebunden hatte, gab es einen Disput. Die Religionsgemeinschaften erklärten in einer gemeinsamen Stellungnahme: „Lösungen für eine umfassende Teilhabe muslimischer Schüler und Jugendlicher am schulischen Leben, wird es nur dann geben, wenn sie und ihre Eltern ernst genommen werden und wenn sie und die islamischen Religionsgemeinschaften an der Lösungsfindung beteiligt werden.“
Auch an anderer Stelle gibt es Meinungsverschiedenheiten, die bis heute ungelöst sind. In Bremen existiert ein Kopftuchverbot für Lehrerinnen. Dieses wird von der überwiegenden Mehrheit der Muslime, ebenso wie Experten, abgelehnt. Ein weiterer Punkt sind die Finanzierungsschwierigkeiten der Gemeinden. Aus dem Umfeld der Schura Bremen heißt es, es gibt zwar eine Förderung des Staates, diese gilt jedoch nur für befristete Projekte. Es braucht in Bremen für die Religionsgemeinschaften jedoch langfristige und unbefristete Projektförderungen. Dies scheint auch die Herausforderung der nächsten Jahre zu sein.
Langfristig wollen die Religionsgemeinschaften mit den christlichen und jüdischen Gemeinden in Bremen gleichgestellt werden. Sie arbeiten an einer Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts.
Schätzungen zufolge leben in Bremen über 40.000 Muslime und es gibt mindestens 32 Moscheen. Nicht alle Moscheen und Muslime sind jedoch an die Religionsgemeinschaften angebunden. Eigenen Angaben der Religionsgemeinschaften zufolge, vertreten diese aber die Interessen von knapp 90% der praktizierenden Muslime in Bremen.