Ein neues Konzept des Integrationsministeriums Rheinland-Pfalz fasst die integrationspolitischen Leitlinien der Regierung zusammen. Ein Schwerpunkt des Integrationskonzeptes ist auch die Einbindung des Islam und der Muslime in die Gesellschaft.
Die rheinland-pfälzische Integrationsministerin Irene Alt (Bündnis 90/Die Grünen) und der Beauftragte der Landesregierung für Migration und Integration, Miguel Vicente, haben am vergangenen Freitag (10.01.2013) das fortgeschriebene Integrationskonzept der Landesregierung Rheinland-Pfalz vorgestellt. Unter dem Titel „Integration, Anerkennung und Teilhabe – Leben gemeinsam gestalten“ fasst das Integrationsministerium auf 81 Seiten die integrationspolitischen Leitlinien der Regierung zusammen und benennt in neun Handlungsfeldern konkrete Maßnahmen, durch die die Integration und gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund gefördert und unterstützt werden sollen. Dabei geht es dem Integrationsministerium unter anderem um den Abbau von Zugangsbarrieren und Benachteiligungen bei Migranten.
Ein Schwerpunkt des Integrationskonzeptes ist auch die Einbindung des Islam und der Muslime in die Gesellschaft. Im Konzept erkennt Rheinland-Pfalz unterschiedliche Religionen als Bereicherung der Gesellschaft an. Es bekennt sich zum Schutz der Religionsfreiheit und setzt sich für die Anerkennung und Gleichbehandlung unterschiedlicher Religionen unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Vorgaben ein.
Eine besonders hohe politische und öffentliche Aufmerksamkeit richte sich aktuell auf Muslime. Zum einen zeigten Umfragen, dass Unkenntnis und Vorurteile über den Islam zu Ablehnung bis hin zu islamfeindlichen Haltungen führten. Zum anderen bemühten sich Muslime darum, mit anderen Religionsgemeinschaften gleichgestellt zu werden.
Das Integrationskonzept sieht eine Stärkung des Dialogs zwischen den muslimischen Religionsgemeinschaften und der Landesregierung vor. Im Konzept wird die wichtige Rolle des Runden Tisches Islam für den interreligiösen Dialog und zur Erörterung gemeinsamer Themen auf einer offenen Basis und auf Augenhöhe betont. „Mittelfristig verändert das Islamforum seine Ausrichtung hin zu einem Forum für Religion und Gesellschaft und trägt damit der Normalisierung der islamischen Präsenz im Land Rechnung. Das Forum wird weiterhin unterstützt“, heißt es im Integrationskonzept.
Ein weiterer Schwerpunkt ist der islamische Religionsunterricht an Schulen in Rheinland-Pfalz. Dieser sei ein Baustein zur Integration von Menschen muslimischen Glaubens. Der islamische Religionsunterricht soll weiter ausgebaut werden. Angestrebt werde ein verfassungskonformes Angebot mit entsprechendem muslimischem Ansprechpartner.
Das Integrationskonzept sieht daher auch einen stärkeren Bedarf für ausgebildete Lehrkräfte. Deshalb prüfe die Landesregierung weiter, wie Möglichkeiten zur Ausbildung von islamischen Religionslehrkräften geschaffen werden könnten. Hierzu würden auch Kooperationen mit anderen Bundesländern, die schon über eine Ausbildungsmöglichkeit verfügen, in Betracht gezogen.
Auch wird geprüft, ob und mit welchen islamischen Organisationen ein Vertrag geschlossen werden kann, der gemeinsame Anliegen regeln könnte.
Allerdings betrachtet auch das Integrationskonzept den Dialog mit den Muslimen aus einem Sicherheitsaspekt heraus. So wird auf den „Dialog zwischen muslimischen Organisationen und den Sicherheitsbehörden“ hingewiesen. Dieser soll fortgeführt und verbessert werden. Das Projekt werde vom Landeskriminalamt und von der Leitstelle Kriminalprävention fortgeführt, heißt es. Es sollen weiterhin gemeinsame Veranstaltungen insbesondere zu Kriminal- und Verkehrsprävention und allgemeiner Kontaktpflege durchgeführt werden.
Im Rahmen der Arbeitsgruppe „Versachlichung der Integrationsdebatte/Antirassismus“ des Landesintegrationsbeirates sollen Strategien und Maßnahmen entwickelt werden, die unter anderem Islamfeindlichkeit und Antisemitismus begegnen. Die Landesregierung werde weiterhin einen Beitrag zum Abbau von Vorurteilen und zur Versachlichung der Diskussion um den Islam und Muslime leisten.
Dies soll unter anderem durch geeignete Informationsmaterialien, wie auch durch Veranstaltungen und Fortbildungsangebote geschehen. So soll eine vom Initiativausschuss für Migrationspolitik (INI) angestoßene Fortbildungsreihe „Muslime und Islam in Deutschland – zwischen Akzeptanz und Ablehnung“ fortgesetzt und weiterentwickelt werden.
Außerdem soll die Fortbildungsreihe „Muslime und Islam in Deutschland – zwischen Akzeptanz und Ablehnung“ fortgeführt werden. Die vom Initiativausschuss für Migrationspolitik entwickelte, durchgeführte und in das Fortbildungsangebot des Pädagogischen Landesinstituts aufgenommene Tagung „Muslimische Kinder in der Schule“ soll der Aufarbeitung und Vorbeugung von Reibungspunkten im Schulalltag dienen.
„Dieses Integrationskonzept setzt einen neuen Akzent: Wir verfolgen damit das Ziel, die vollständige Teilhabe der Menschen mit Migrationshintergrund in allen Lebensbereichen zu erreichen. Denn Integration bedeutet mehr als das friedliche Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft in unserer Gesellschaft“, erklärte Integrationsministerin Alt. Erarbeitet wurde das Integrationskonzept unter Mitwirkung aller Ministerien sowie des Landesbeirats für Migration und Integration.
„Dieses Konzept ist eine Selbstverpflichtung der Landesregierung, den Integrationsprozess voranzutreiben. Dabei spielt die interkulturelle Öffnung unserer Gesellschaft eine besonders wichtige Rolle, da wir Integration schon lange nicht mehr als Bringschuld der Zugewanderten begreifen, sondern als gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, erläuterte der Landesbeauftragte für Migration und Integration, Miguel Vicente, den Grundgedanken.
Neu aufgenommen wurde in das Integrationskonzept das Handlungsfeld „Flüchtlinge“. „Damit unterstreichen wir erneut die große Bedeutung dieses Politikfeldes – eine Bewertung, die sich ja bereits in der Neugründung unseres in seinem Zuschnitt bundesweit einmaligen Integrationsministeriums zu Beginn der Legislaturperiode manifestiert hat, indem wir die Zuständigkeiten für das gesamte Ausländerrecht und für die Integrationspolitik zusammengeführt haben“, sagte Ministerin Alt. Weitere Handlungsfelder sind: Interkulturelle Öffnung und interkulturelle Kompetenz, Partizipation, Bildung, Berufsausbildung und Arbeitsmarkt, Familie, Gesundheit, Religion sowie Kultur, Information und Aufklärung.
„Die in den beiden letzten Jahren wieder spürbar gestiegene Zuwanderung zeigt, dass Integrationspolitik auch in Zukunft eine große Rolle spielen wird. Gelingt dieser Prozess, profitieren wir alle davon. Für mich gilt dabei der Grundsatz: Wer hier lebt, gehört dazu – ganz gleich, woher sie oder er kommt“, so Miguel Vicente.
Laut Integrationskonzept leben in Rheinland-Pfalz Schätzungen zufolge 150.000 Menschen muslimischen Glaubens. Es existieren zudem ca. 100 Moscheen und Gebetsräume. Damit sei der Islam nach den christlichen Konfessionen die zweitstärkste Religion in Rheinland-Pfalz.