Integration

Bündnis fordert Kurskorrekturen in der Migrationspolitik

Die Junge Islam Konferenz (JIK) ruft mit einem breiten Bündnis zur Einrichtung einer Enquete-Kommission „Vielfalt und gesellschaftliche Teilhabe“ auf. Hintergrund sind Forderungen nach einer Kurskorrektur in der Migrationspolitik. Der Aufruf wird auch von prominenten Muslimen unterstützt.

20
01
2014
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Ein breites Bündnis aus Vertretern der Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft fordert die Bundesregierung zu Korrekturen in der bisherigen Migrationspolitik auf. Das Bündnis ruft unter der Regie der „Jungen Islam Konferenz“ (JIK) – ein Projekt der Stiftung Mercator – den Deutschen Bundestag zur Einrichtung einer Enquete-Kommission „Vielfalt und gesellschaftliche Teilhabe“ auf. Die Kommission soll Leitbilder für die vielfältige Einwanderungsgesellschaft entwickeln und Konzepte für einen besseren Umgang in der Gesellschaft mit Vielfalt vorlegen. Der Aufruf der JIK wird auch von prominenten Muslimen unterstützt.

Das Thema Einwanderung werde auch künftig eine zentrale Rolle für die soziale und wirtschaftliche Stabilität Deutschlands spielen. Daher müsse Politik die „Folgen, Ressourcen und Chancen von Migration gesellschaftspolitisch aktiver und ganzheitlicher als bisher begleiten“, erklärt die JIK. Vielfalt berge Chancen und Herausforderungen für das demokratische Selbstverständnis und den Zusammenhalt der Gesellschaft, wird betont.

Sorge über Rechtspopulisten

In diesem Zusammenhang wird mit Sorge der wachsende Einfluss und Zuspruch in Europa für rechtspopulistische Parteien betrachtet. Die JIK erklärt, man müsse aktiv gegen angstbehafteten und oft orientierungslosen Umgang mit gesellschaftlichen Realitäten aus denen Gefahren erwachsen entgegen steuern. Die zunehmenden Ressentiments gegenüber Minderheiten verdeutlichten die Dringlichkeit einer politischen Debatte.

Als Lösung empfiehlt die JIK die Einrichtung einer Enquete-Kommission im Deutschen Bundestag. Diese solle zunächst eine Bestandsaufnahme zum gesellschaftlichen Verständnis von Vielfalt durchführen und aus diesen Ergebnissen Leitbilder für die Gesellschaft herausarbeiten. Die JIK zeigt sich überzeugt: „Eine solche Enquete-Kommission könnte einen institutionellen wie diskursiven Rahmen bilden, der zur Normalisierung im Umgang mit Vielfalt in Deutschland beiträgt.“

Die JIK legt zudem Wert auf die Feststellung: „Nachdem Deutschland erst nach fast einem halben Jahrhundert in gesetzlichen und politischen Initiativen anerkannte, ein Einwanderungsland zu sein, erklärte die Bundeskanzlerin auf dem Integrationsgipfel 2013 zu Recht den einseitigen Blick auf Integration als Bringschuld von Migranten für überholt und forderte die Entwicklung einer gesellschaftlich geistigen Offenheit. Sieben Jahre zuvor hatte der damalige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble auf der ersten Deutschen Islam Konferenz die über Jahrzehnte gewachsene Realität von Migration und Vielfalt anerkannt, indem er betonte, dass der Islam Teil der deutschen Gegenwart und Zukunft ist.“

Prominente Muslime unterstützen Aufruf

Zu den Erstunterzeichnern des Aufrufs zählen auch verschiedene prominente Muslime. Unter anderem meldete sich Prof. Dr. Bülent Uçar, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Islamische Theologie (IIT) an der Universität Osnabrück mit einem Statement zur Initiative zu Wort und erklärte: „Deutschland braucht eine pro-aktive Islam- und Integrationspolitik, die Migranten und ihre Nachkommen nicht als bedauernswerte Generationen sieht und bevormundet, sondern ihnen echte Teilhabe ermöglicht.“

Dr. Naika Foroutan von der Humboldt-Universität zu Berlin sagte im Hinblick auf die Forderungen nach einer Enquete-Kommission: „Diese Enquete Kommission reflektiert, dass Deutschland sich in eine vielfältige Gesellschaft gewandelt hat und deswegen neue Orientierungslinien braucht. Es geht hierbei nicht um eine erneute Leitkultur-Debatte, die impliziert, dass eine deutsche Kerngesellschaft den Minderheiten im Land vorgibt, wie sie sich zu verhalten haben. Vielmehr geht es darum zu beschreiben, dass die deutsche Gesellschaft selbst sich gewandelt hat und aus multiplen Mehrheiten und Minderheiten besteht und sich daraus ein Ganzes formt. Kanada und USA haben in den 1970er Jahren ein Leitbild für ihre heterogenen Gesellschaften formuliert. Das steht für Deutschland noch aus.“