Frauen mit Kopftuch, die sich zur Lehrerin im Bundesland Hessen ausbilden lassen möchten, werden diskriminiert. Dies geht aus einer Antwort der früheren hessischen Kultusministerin Nicola Beer hervor. Die SPD in Hessen fordert eine Überprüfung der geltenden Gesetze.
In Hessen existiert eines der schärfsten Kopftuchverbotsgesetze der Bundesrepublik. Dort ist allen Beamten das Tragen von Kleidungsstücken verboten, die den „politischen Frieden gefährden könnten“. Das Verbot wurde erlassen, um Frauen mit Kopftuch vom staatlichen Dienst auszuschließen. Das Gesetz zielt besonders auf Lehrerinnen ab. Diese sollen nicht mit Kopftuch an öffentlichen Schulen unterrichten dürfen.
Doch die Regelungen umfassen nur den Status von Beamten und sollen eigentlich nicht für Referendarinnen für den Schuldienst gelten. Diese müssen, weil der Staat ein Ausbildungsmonopol im schulischen Bereich hat, auch mit Kopftuch ausgebildet werden. Doch Referendarinnen in Hessen stoßen, einer Antwort aus dem hessischen Kultusministerium zufolge, auf erhebliche Probleme bei der Ausbildung.
In der Antwort auf eine Kleine Anfrage des SPD-Abgeordneten Gerhard Merz (Drucksache 18/7793) im hessischen Landtag erklärt die frühere Kultusministerin Nicola Beer (FDP), dass das Tragen des Kopftuches laut Gesetz erlaubt werden kann, „soweit nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen“. Entsprechend dieser Sachlage würden Frauen darauf aufmerksam gemacht, dass das „Tragen eines Kopftuches im Unterricht eventuell zu Schwierigkeiten führen kann.“ Deshalb könne die Zuweisung zu einer bestimmten gewünschten Schule unter Umständen nicht möglich sein.
Das Ministerium macht keinen Hehl daraus, dass einige Bewerbungen für einen Referendariatsplatz, nach einer solchen Information für die Frauen, wieder zurückgezogen wurden. Es habe zudem einen Fall gegeben, der der Landesregierung bekannt ist, bei dem eine Frau mit Kopftuch an keine Schule zugewiesen werden konnte. Sie musste sechs Monate warten und konnte erst danach einen Platz an einer Schule erhalten. Die Muslimin hatte Lehramt mit den Fächern Mathematik und Sport studiert.
Auch angesichts der Tatsache, dass in Hessen im islamischen Religionsunterricht das Kopftuch getragen werden darf, fordert die SPD in der Frankfurter Rundschau das bestehende Kopftuchverbot auf den Prüfstand zu stellen. Das von der damaligen CDU-Mehrheit beschlossene Gesetz müsse nach zehn Jahren evaluiert werden, erklärte Gerhard Merz, der auch religionspolitischer Sprecher seiner Partei ist.
Die neue Schwarz-Grüne Regierung in Hessen, könnte für eine solche Überprüfung eine Chance sein. Die Grünen hatten sich bisher in der Kopftuchdebatte gegen das Verbot positioniert. Der frühere Grünen-Vorsitzende und heutige Vize-Ministerpräsident Tarek Al-Wazir hatte sich zum Kopftuchverbot mit dem prägenden Satz „Es kommt nicht darauf an, was um den Kopf herum ist, sondern was die Frau denkt und wie sie handelt.“ positioniert.
Ebenso hatte die Partei 2012 nach der Veröffentlichung der Studie „Muslimische Lebenswelten“ durch die Deutsche Islam Konferenz für eine Aufhebung des Kopftuchverbots plädiert. Heute sind die Grünen in der Regierungsverantwortung und müssen sich an ihren Versprechen messen lassen. Im Koalitionsvertrag findet sich jedenfalls kein Hinweis zum Thema.