Medizinische Entscheidung oder doch rassistisch motivierte Diskriminierung? Eine Zweigstelle des Roten Kreuzes in Österreich lehnte eine Blutspendenaktion einer muslimischen Gemeinde ab. Die Gemeinde fühlte sich diskriminiert und ging an die Öffentlichkeit.
Die Erklärung ist knapp, aber deutlich. „Menschen mit Migrationshintergrund sind bei uns als Blutspender jederzeit herzlich willkommen“, stellt Michael Opriesnig, stellvertretender Generalsekretär des Österreichischen Roten Kreuzes, klar. „Ich bedauere die Verärgerung, die durch die Ablehnung von Spendenwilligen durch die Blutzentrale Linz entstanden ist und entschuldige mich bei allen, die dadurch in ihren Gefühlen verletzt wurden.“
Hintergrund dieser Erklärung sind Medienberichte, wonach eine Blutspendeaktion der „Islamischen Religionsgemeinde Linz“ (IRG) von einer lokalen Zweigstelle des Roten Kreuzes abgelehnt wurde mit Verweis auf den muslimischen bzw. kulturellen Hintergrund der Spender. Laut der islamischen Religionsgemeinde habe ein Mitarbeiter der Zweigstelle am Telefon gesagt, dass Verunreinigungen des Blutes bei Menschen muslimischen Glaubens bzw. Personen aus muslimischen Ländern die Regel seien. Deshalb dürfe das Blut aus medizinischen Gründen nicht angenommen werden.
Konkreter äußerte sich Christian Gabriel, ärztlicher Leiter der Blutzentrale in Linz, im Gespräch mit österreichischen Medien: „Wir haben in der Vergangenheit mit Hepatitis B in den Spenden zu kämpfen gehabt, bis zu 40 Prozent der Blutspenden waren nicht zu gebrauchen. Deshalb haben wir vor circa vier Jahren entschieden, dass wir generell keinen Kulturverein – auch serbische oder kroatische etc. – spenden lassen. Das ist eine rein medizinische Entscheidung.“
Die „rein medizinische“ Entscheidung löste eine Welle der Empörung aus, so dass die Zentrale des Österreichischen Roten Kreuzes nun öffentlich klarstellte: Für alle Menschen in Österreich gelten die selben gesetzlich geregelten Zulassungskriterien zum Blutspenden. „Diese sind völlig unabhängig von politischer Überzeugung, kulturellem Hintergrund und religiöser Einstellung“, erklärte Opriesnig. Die Zulassung zur Spende wäre immer eine individuelle Einzelprüfung, letztlich entscheide ein Arzt aufgrund gesetzlicher Vorgaben persönlich über die Eignung. Die Sicherheit des Empfängers von Blutkonserven und der Spenderschutz hätten dabei höchste Priorität.
Tatsächlich dürfen Personen mit Hepatitis B, ebenso wie Personen mit anderen belastenden Krankheiten kein Blut spenden. Allerdings ist es fraglich, ob eine Übertragung von statistischen Zahlen zu bestimmten Ländern und Infektionen in diesen Ländern auch auf die Bevölkerung in Österreich, allein aufgrund von Migrationshintergründen, übertragen werden kann. Die Argumentation der Blutzentrale in Linz wirkt daher gerade bei Muslimen willkürlich und rassistisch.
Hinzu kommt, dass sowohl in Österreich als auch in Deutschland es Kooperationen zwischen muslimischen Gemeinden und dem Roten Kreuz fürs Blutspenden gibt. Bei Aktionen und Aufklärungsveranstaltungen werden Gemeindemitglieder zudem für das Thema sensibilisiert und aufgeklärt – auch darüber, wer spenden darf und sollte und wer nicht. Warum das Rote Kreuz in Linz angesichts der positiven Erfahrungen aus diesen Kooperationen auf wichtiges Blut verzichten will, bleibt weiterhin unklar.