Brutal. Barbarei. Exodus. Massaker. Mit diesen Worten wird die Vertreibung und ethnische Säuberung an den Muslimen in der Zentralafrikanischen Republik durch die Vereinten Nationen, Amnesty International und Human Rights Watch beschrieben. Das Land braucht Hilfe.
Die Lage der Muslime in der Zentralafrikanischen Republik wird immer prekärer. Die Vereinten Nationen werten die Lage mittlerweile als „humanitäre Katastrophe unaussprechlichen Ausmaßes“. Im Land seien massive ethnische und religiöse Säuberungen im Gange, erklärte UN-Flüchtlingskommissar Antonio Guterres am Mittwoch in der Hauptstadt Bangui. Guterres sprach von wahllosen Tötungen und Massakern. Die Gewalt sei geprägt von „schockierender Barbarei, Brutalität und Unmenschlichkeit.“ Er verlangte von der internationalen Gemeinschaft eine Verstärkung ihrer Truppen im Land.
Die Republik ist Schauplatz von religiösen Kämpfen zwischen Christen und Muslimen geworden. Die jüngsten Ausschreitungen haben das Land destabilisiert. Es gibt keinen funktionierenden Staat mehr. Mittlerweile hat die EU einen Einsatz in der Krisenregion beschlossen. Einige EU-Länder wie Frankreich bitten jedoch um Bedenkzeit, um zu prüfen, wie viele Soldaten sie entsenden können. Auch deutsche Soldaten könnten in der Zentralafrikanischen Republik zum Einsatz kommen. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte zuletzt angekündigt, dass sich die Bundeswehr mehr in Afrika engagieren werde. Einen „Kampfeinsatz“ schloss von der Leyen jedoch aus.
Die Menschenrechtsorganisationen Amnesty International und Human Rights Watch sprechen mittlerweile von einem Exodus der muslimischen Bevölkerung. Tausende seien auf der Flucht vor Vergeltungsangriffen der christlichen Anti-Balaka-Milizen, teilte die „Amnesty International“ am Mittwoch in London mit. Die Milizen nähmen besonders im Nordwesten und Südwesten ethnische Säuberungen an der muslimischen Bevölkerung vor. Amnesty forderte die Friedenstruppen im Land auf, die Gewalt unter Kontrolle zu bringen. Gleichzeitig warf Amnesty den internationalen Truppen im Land vor, sie hätten die „ethnischen Säuberungen“ nicht verhindert.
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch forderte die Präsidentin der Übergangsregierung, Catherine Samba-Panza, auf, die Öffentlichkeit daran zu erinnern, dass die Muslime fester Bestandteil des Land seien und Vergeltungsangriffe gegen sie bestraft würden. Besonders Lynchattacken sollten umgehend strafrechtlich verfolgt werden.
Bereits seit September wandten die Anti-Balaka-Milizen systematisch Gewalt gegen muslimische Anwohner an, beklagt HRW. Die muslimischen Anwohner, aber auch französische und afrikanische Soldaten seien mit der Lage überfordert.
Die Angriffe sind offenbar eine Vergeltung für die monatelange Gewalt der muslimischen Seleka-Milizen an der mehrheitlich christlichen Bevölkerung des Landes. Die christlichen Anti-Balaka-Milizen lynchten im Gegenzug Menschen öffentlich, plünderten und zerstörten ihre Häuser. Die eroberten Gebiete erklärten sie zu ihrem Kontrollgebiet.
Die Menschenrechtsorganisationen befürchten ein Ausbluten ganzer muslimischer Gemeinden. In der Stadt Yakole etwa habe es vor dem Konflikt rund 30.000 Muslime gegeben; Anfang Februar waren es laut Human Rights Watch noch 500. Von den acht Moscheen in der Stadt sei lediglich eine übrig geblieben.
Viele Muslime im Land fliehen demnach vor der Gewalt in den Tschad, nach Kamerun, Senegal und in die Demokratische Republik Kongo. Vom Flughafen Bangui seien schätzungsweise 50.000 Muslime ausgeflogen worden, so HRW. Konvois von Flüchtlingen würden häufig angegriffen.
Der UN-Menschenrechtskommissar lobte den Einsatz von Hilfswerken und Nichtregierungsorganisationen. Sie litten aber unter einer „dramatischen Unterfinanzierung“. Die Zentralafrikanische Republik falle durch das Raster der internationalen Aufmerksamkeit. „Das Land muss ebenso im Brennpunkt stehen wie Syrien und der Südsudan“, so Guterres.
Guterres rief zudem zu verstärkten Vermittlungsbemühungen auf. Daran seien alle Akteure „vor allem mit der Unterstützung religiöser Führer“ zu beteiligen. Allein seit Aufflammen des Konflikts im Dezember seien eine halbe Million Menschen vertrieben worden; insgesamt 2,5 Millionen hätten dringend Hilfe nötig. (kna/iQ)