Bei den fünf vom Bund geschaffenen Zentren für Islamische Theologie an Deutschen Universitäten wirken die muslimischen Religionsgemeinschaften mal mehr, mal weniger mit. Dabei hatte der Wissenschaftsrat vor den Gründungen angeregt, die Religionsgemeinschaften mitbestimmen zu lassen. An einigen Standorten ist auch die Verfassungsmäßigkeit der Regelungen umstritten.
Er war der Auslöser für einen eskalierenden Streit. Der Beirat für Islamische Theologie an der Universität Münster, der über Lehrinhalte und Personal für das Zentrum für Islamische Theologie (ZIT) mitbestimmen soll. Doch sowohl die Universitätsleitung als auch die muslimischen Religionsgemeinschaften stehen dem Konstrukt mittlerweile kritisch gegenüber.
Umso mehr stellt sich die Frage, wie andere Universitäten dafür Sorge tragen, dass die Glaubensgemeinschaften entsprechend den Vorgaben des Grundgesetzes die Auswahl der Themen und Theologen bestimmen.
Für den Beirat in Münster wurde der Beraterkreis aus acht Personen schon vor zwei Jahren beschlossen. Er soll am ZIT die muslimische Bekenntnistreue sicherstellen. Weil die muslimischen Religionsgemeinschaften im Gegensatz zu den Kirchen in Nordrhein-Westfalen staatlich nicht als Religionsgemeinschaft anerkannt sind, soll der Beirat als ein Ersatzkonstrukt dienen.
Zerstörtes Verhältnis mit den Religionsgemeinschaften
Die Mitglieder für das Gremium sollen zur Hälfte vom Koordinationsrat der Muslime (KRM) und zur anderen Hälfte von der Uni mit Zustimmung der Religionsgemeinschaften bestimmt werden. Doch bislang hat sich der Beirat nicht konstituiert, da die Verfassungstreue einzelner vom KRM vorgeschlagenen Kandidaten angezweifelt wurde. Die Folge für das ZIT: Studien- und Prüfungsordnungen sowie mehrere Professorenstellen sind nur vorläufig und zeitlich begrenzt.
Hinzukommt, dass der bisher einzige Hochschullehrer, Zentrums-Leiter Mouhanad Khorchide, von den Verbänden abgelehnt wird; sie werfen ihm fehlende theologische Kompetenzen vor. Das Verhältnis sei zudem irreparabel zerstört, sodass keine konstruktive Zusammenarbeit mehr möglich sei.
Für einen Neuanfang im Miteinander von Religions- und Hochschulvertretern fand im Februar im Düsseldorfer Wissenschaftsministerium ein Gespräch mit dem KRM und der Münsteraner Uni-Rektorin Ursula Nelles statt. Für März wurde ein Folgetreffen vereinbart. „Wir warten jetzt auf einen weiteren Gesprächstermin“, sagt KRM- Sprecher Bekir Alboğa, „haben aber leider noch nichts davon gehört.“ Offenbar fällt es schwer, tragfähige Verhandlungsvorschläge zu machen.
Osnabrück als vorbildhaftes Modell
Für Alboğa ist indes jetzt schon klar, dass der religiöse Beirat „definitiv gescheitert“ ist, wie er im Gespräch betont. Auch Nelles hat in Bezug auf das Gremium Bedenken angemeldet und ist für Alternativen offen.
Alboğa verweist auf das Modell in Osnabrück. Der dortige Beirat besteht aus Vertretern der Türkisch-Islamischen Union (DITIB) und der Religionsgemeinschaft der Schura, in der einzelne Moscheegemeinden aber auch Organisationen wie die Islamische Gemeinschaft Millî Görüş vertreten sind. Anders als in Münster schickt die Uni selbst niemanden in den Beirat. „Wir kennen aber alle unsere Partner schon seit Jahren persönlich“, betont der stellvertretende Direktor des Instituts, Rauf Ceylan. „In der Zeit hat sich ein vertrauensvolles Verhältnis in der Zusammenarbeit mit der religiösen Basis entwickelt.“
Die Uni Tübingen kooperiert statt mit dem Dachverband KRM direkt mit einzelnen Islamverbänden. Sie entsenden fünf Mitglieder in den Beirat. Die Hochschule schlägt zwei weitere Personen vor, die aber die Zustimmung der Muslime brauchen. Wieso die Uni für sich nur zwei statt wie in Münster die Hälfte aller Plätze beansprucht oder aber Osnabrück gar keine, bleibt ein Rätsel.
Verfassungsmäßigkeit in Erlangen umstritten
Einen ganz eigenen Weg geht Erlangen. Die Uni setzt den Beirat aus Einzelpersönlichkeiten zusammen – unabhängig von den Religionsgemeinschaften. Der Vater der entsprechenden Hochschulordnung, der Jurist Mathias Rohe, hält die Religionsgemeinschaften einfach noch nicht reif genug, um die muslimische Glaubensgemeinschaft zu vertreten. Das Gremium „berät“ die Uni mit „Stellungnahmen“ zur Studienorganisation und Berufungen. Darüber Entscheidungen treffen kann es aber nicht, anders als etwa in Münster oder Osnabrück. Wegen der fehlenden Mitbestimmung hält Rohes Münsteraner Fachkollege Janbernd Oebbecke das Erlanger Modell für verfassungswidrig. Es wird zudem von den muslimischen Religionsgemeinschaften scharf kritisiert.
Die verschiedenen Beiratsvarianten seien rechtspolitische Baustellen und keine Lösungen – außer in Hessen. Dort ist unter anderem die DITIB, wenn es um Studienangelegenheiten geht, direkter Partner der Unis in Frankfurt und Gießen – ganz nach dem Vorbild der katholischen und evangelischen Kirche. Religiöse Uni-Beiräte sind damit überflüssig. (KNA/iQ)