Alternative für Deutschland

Islamfeindliches, christlich-konservatives Sammelbecken rechts von der Union?

Nach der Abschaffung der 3%-Hürde bei den Europawahlen ist der Kampf gegen den Euro bei der Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) in den Hintergrund gerückt. Das „christlich-konservative“ Profil wird geschärft. Steigt damit auch die Islamfeindlichkeit?

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03
2014
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Das Bundesverfassungsgericht hat die 3%-Hürde bei den anstehenden Europawahlen für verfassungswidrig erklärt. Die Sperrklausel verstoße gegen die Chancengleichheit der Parteien, verkündete das Gericht in seinem Urteil Ende Februar. Geklagt hatten 19 kleinere Parteien, darunter die als rechtspopulistisch und eurokritisch geltende Alternative für Deutschland (AfD).

Aktuelle Umfragen zur Europawahl sehen die AfD bei 5 – 7,5 % der Stimmen. Die Partei blickt zuversichtlich den Wahlen im Mai 2014 entgegen. Stellt sich jedoch die Frage, was man von der AfD halten soll. Bereits mehrmals machte die Partei mit islamfeindlichen Äußerungen auf sich aufmerksam. Und Medien berichten, die Partei positioniere sich als „christlich-konservatives“ Sammelbecken rechts von der Union.

Lucke: Ich bin kein Liberaler

Der Kampf gegen den Euro sei gegenüber dem neuen, betont christlich-konservativen Profil in den Hintergrund gerückt, erklärt die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. Sie zitiert den Parteigründer und Spitzenkandidaten Bernd Lucke mit den Worten: „Ich bin kein Liberaler.“ Der reformierte Protestant unterstütze aktiv den Aufbau christlicher Arbeitskreise in seiner Partei. „Das passt zu unserem Profil als werteorientierte Partei“, so Lucke laut Zeitung.

Als Gallionsfigur dieser Richtung wird die Europakandidatin Beatrix von Storch genannt. Dagegen sei die dem liberalen Flügel angehörende Parteisprecherin Dagmar Metzger in der vergangenen Woche zurückgetreten. Die Mitglieder der Christenkreise dominierten in der Partei inzwischen die Debatten mit Kritik an Muslimen, Homosexuellen und der Schulpflicht.

10 Thesen zum Islam

Islamfeindlichkeit ist jedoch kein neues Phänomen in der Partei. In einem Mitgliederrundschreiben anlässlich des Reformationstages Ende Oktober 2013 verkündete Lucke seine 10 Thesen zum Islam und den Muslimen in Deutschland. Darin bekräftigt er zwar diplomatisch geschickt die Religionsfreiheit, die in Deutschland selbstverständlich auch für Muslime gelte, betont jedoch auch, dass der Islam nicht zu Deutschland gehöre. Der Satz des Ex-Bundespräsidenten Christian Wulff sei „falsch und töricht“, so Lucke.

Die Thesen dienten dazu, eine Positionierung der Parteibasis zum Islam zu erarbeiten. Per E-Mail Rundschreiben wurden die Mitglieder aufgefordert mitzuteilen, was sie etwa darüber denken, dass Deutschland gastfreundlich gegenüber Andersgläubigen sei – so als ob Muslime Gäste im eigenen Land wären. Weiterhin betonte er im Kontext mit dem Islam die Gleichberechtigung von Frauen, „Zu Deutschland gehört die Gleichberechtigung der Frau. Islamische Glaubenslehren, die die Freiheit und Gleichberechtigung von Frauen einschränken, verstoßen gegen Grundwerte unserer Gesellschaft. Mädchen und Frauen, die unter diesen Glaubenslehren leiden, bedürfen unseres Schutzes und Beistands“, so Lucke in seiner These.

Dass damit eine gewisse Diskrepanz zwischen dem Islam und diesem Grundwert suggeriert wird und damit Klischees bedient werden, ist selbstredend. Genauso wird der Hinweis auf die Unvereinbarkeit der „Scharia“ mit dem deutschen Rechtsstaat als Schlagwort eingebracht, aber nicht weiter definiert, sondern einfach als Antagonismus zum demokratischen Rechtsstaat angeführt. Wenn auch weder in diesen Thesen, noch in ihrem Wahlprogramm explizite islamfeindliche Äußerungen oder Forderungen zu finden sind, so kristallisiert sich unterschwellig und subtil doch eine gewisse feindliche Gesinnung heraus.

Vorwurf der Volksverhetzung

Rein formell ist die Partei äußerst bemüht, kein rechtsradikales Image anzunehmen und sich von anderen rechten Parteien wie „Die Freiheit“ oder „Pro Deutschland“ intellektuell zu distanzieren. Dennoch trifft man immer wieder auf islamfeindliche Äußerungen von führenden AfD-Funktionären.

Erst kürzlich beschäftigte die Schlagzeile über den Verdacht der Volksverhetzung gegen Muslime und Araber durch den AfD Landeschef von Mecklenburg-Vorpommern Holger Arppe die deutschen Medien. Er soll zwischen 2009 und 2010 im Netz unter dem Pseudonym „antaios_rostock“ zur Gewalt gegen Muslime aufgerufen haben. Die Staatsanwaltschaft in Rostock ermittelt noch.

Auch in NRW sorgt der 71-jährige Jurist und Europa-Kandidat der AfD, Menno Aden, aus Essen mit seinen Vorträgen über die „unaufhaltsame Islamisierung Europas“ für Aufsehen. Ein erstaunliches Statement für eine Partei, die jüngst noch Mitgliedern der islamfeindlichen Partei „Die Freiheit“ die Aufnahme nach Bekanntwerden zahlreicher Parteiübertritte verweigerte, um ihr Image zu wahren.

Hetze auf sozialen Netzwerken

Diese politische Haltung spiegelt sich vor allem in den Auftritten der AfD auf sozialen Netzwerken wieder. Hier wird der Lobgesang von Thilo Sarrazin zu AfD Euro-Politik als Referenz angeführt oder mit der Schlagzeile aus der Tageszeitung „Die Welt“: „Die Politiker müssen den Muslimen ihre Grenzen aufzeigen“ geworben.

Wenn man die Facebook-Seite der AfD verfolgt, wird deutlich, welches politische Klientel diese Partei anzieht und welche teils rassistischen und islamfeindlichen Kommentare von anderen Nutzern offensichtlich toleriert, zumindest stehengelassen werden. Als Reaktion auf den Volksentscheid zur Beschränkung von Einwanderung in der Schweiz, lässt die AfD beispielsweise folgenden Kommentar zu: „Vor allen Dingen nicht solche Muslims ins Land lassen, die keine qualifizierten Jobs und keine kulturelle Assimillierungsbereitschaft vorweisen, stattdessen unsere Sozialsysteme ausnutzen, ihre Frauen und Töchter unterdrücken sowie radikal- islamischen Vorstellungen folgen.“

Der folgende Kommentar findet sich ebenfalls auf der AfD-Facebook Seite als Reaktion auf die 10 Thesen zum Islam: „Religionsfreiheit war ursprünglich die Freiheit der Deutschen, ihre Religion frei zu wählen und auszuüben. Als Freifahrtschein für die massenhafte Kolonisierung Deutschlands von Volksgruppen aus den verschiedensten Erdteilen war sie jedenfalls nicht gedacht.“

Es spricht für sich, dass solche Statements auf der Facebook Seite der AfD zu lesen sind, während andere Parteien offen fremdenfeindliche Äußerungen erst gar nicht tolerieren. (iQ/ms/KNA)