Wilhelm Heitmeyer

NRW-Innovationspreis geht an den Pulsmesser der Gesellschaft

Der Gewalt- und Konfliktforscher Prof. Wilhelm Heitmeyer von der Universität Bielefeld wurde mit dem Innovationspreis des Wissenschaftsministeriums Nordrhein-Westfalens ausgezeichnet. Mit seinen Heitmeyer-Studien zeigte der Konfliktforscher wie nach dem 11. September Islamfeindlichkeit bis tief in die Mitte der Gesellschaft vorgedrungen ist.

12
03
2014
0

Er gilt als einer der renommiertesten Konfliktforscher in Deutschland: Prof. Dr. Wilhelm Heitmeyer (68). Bis zu seiner Emeritierung 2013 hat er das national und international beachtete Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung an der Universität Bielefeld geleitet. Die sogenannten Heitmeyer-Studien sind bekannt und gelten als Pulsmesser der Deutschen Gesellschaft. Sie belegten Jahr für Jahr auch die Islamfeindlichkeit, die sich bis in die Mitte der Gesellschaft den Weg gebahnt hat. Nun wurde der bekannte Forscher mit dem Ehrenpreis des Innovationspreises des Wissenschaftsministeriums Nordrhein-Westfalen ausgezeichnet.

In der Düsseldorfer Kunstsammlung K 21 fand am 10. März 2014 die Festveranstaltung zu Ehren der Preisträger des Jahres 2014 statt. Rund 500 Gäste aus Wissenschaft, Politik und Gesellschaft wohnten der Preisverleihung bei. Die Festrede des Abends hielt NRW-Ministerpräsidenten Hannelore Kraft. „Forschung und Innovationen sind Lebenselixiere für Nordrhein-Westfalen. Der Innovationspreis ist Ehrung und Wertschätzung für die besten Köpfe in Wissenschaft und Forschung“, erklärte die Landesmutter.

Forschung nah an der Lebenswirklichkeit

Zu diesen besten Köpfen gehört nun auch Prof. Heitmeyer. Seine Forschung ist laut Wissenschaftsministerium ganz nah an der Lebenswirklichkeit der Menschen: Er hat das erste Fußballfanprojekt in Deutschland wissenschaftlich begleitet und das Thema Gewalt und Rechtsradikalismus in Stadien in das Blickfeld der Gesellschaft gerückt.

Er und sein Team in Bielefeld fragen alljährlich Menschen nach ihren Vorurteilen und Ängsten. Die Ergebnisse sind eine Art gesellschaftliches Fieberthermometer: So konnten die Bielefelder zeigen, wie die Islamfeindlichkeit nach dem 11. September 2001 gewachsen ist, wie die Einführung von Hartz IV Ängste vorm sozialen Abstieg geschürt hat oder wie sich als Folge der Finanz- und Wirtschaftskrisen ein Gefühl der Machtlosigkeit eingeschlichen hat.

Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit

Die Laudatio für Prof. Heitmeyer hielt Wissenschaftsministerin Svenja Schulze. Sie betonte, Prof. Heitmayer trage mit seiner Arbeit „entscheidend dazu bei, dass gesellschaftliche Fehlentwicklungen frühzeitig erkannt und verstanden“ würden. Er leuchte tief in die Gesellschaft hinein und halte auch denen einen Spiegel vor, die sich als „Mitte der Gesellschaft“ bezeichneten.

Als Beispiel für die wichtige Arbeit nannte Schulze die Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) und damit verbunden das gesellschaftliche Klima unter der die Morde stattfanden. „Ist es nicht vielmehr bezeichnend, dass über eine lange Zeit und auf breiter Front nur von „Döner-Morden“ die Rede war?“, fragte Schulze. „Der Begriff gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit mag hier zwar nicht in eine reißerische Schlagzeile passen. Er beschreibt jedoch sehr gut ein gesellschaftliches Grundrauschen, das den Keim für solche Taten legt.“

Dieses Grundrauschen begegne auch an vielen anderen Stellen in der Gesellschaft. Wenn für hohe kirchliche Würdenträger eine christliche Familie so viel wert sei wie drei muslimische Familien zum Beispiel. Oder wenn Zuwanderer in die Kategorien „nützlich“ und „nicht nützlich“ eingeteilt würden.

Bedeutender Forschungspreis

Neben Prof. Heitmeyer wurden auch der Materialforscher Prof. Christian Hopmann von der RWTH Aachen in der Kategorie „Innovation“ sowie die Nanowissenschaftlerin Dr. Gabi Schierning von der Universität Duisburg-Essen in der Kategorie „Nachwuchs“ ausgezeichnet.

Der Innovationspreis des Landes NRW gehört zu den bedeutendsten deutschen Forschungspreisen und ist mit insgesamt 150.000 Euro dotiert. Die Preisträgerinnen und Preisträger waren zuvor von einer Jury unter dem Vorsitz des Präsidenten der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften, Prof. Henning Kagermann, ausgewählt worden. Die Auswahl des Ehrenpreisträgers hatte Ministerin Svenja Schulze vorgenommen.