Das Oberlandesgericht Celle hat eine Personalvermittlerin zu einer Entschädigungszahlung von 1.850 € verurteilt. Die Vermittlerin hatte eine junge Muslimin wegen ihres Kopftuches diskriminiert. Das Gericht berief sich in der Entscheidung auf die Persönlichkeitsrechte der Muslimin. Das Urteil ist rechtskräftig.
„So kommen wir nicht zusammen“, beendete die Personalvermittlerin das Telefonat lapidar und Züleyha K. erhielt nur wenige Minuten später ihre Unterlagen mit der Aussage zurück, es lägen keine geeigneten Arbeitsangebote für sie vor. Frau K. hatte sich im Juni 2011 bei einer privaten Arbeitsvermittlerin in Lüneburg als Bürokauffrau beworben. Und anfangs lief das Gespräch eigentlich ganz gut.
Nach Einreichen der Bewerbungsunterlagen fand ein Telefonat statt, in dem zunächst die Qualifikationen der Bewerberin gewürdigt wurden. Als der Blick jedoch auf das Bewerbungsfoto fiel, auf dem die Bewerberin mit Kopftuch abgebildet war, gab die Personalvermittlerin unmissverständlich zum Ausdruck, dass sie aufgrund des für sie untragbaren religiösen Symbols nicht bereit sei, die Bewerbung an den potenziellen Arbeitgeber weiterzugeben.
Qualifiziert und doch ausgegrenzt
„Das war ein Schock für mich. Ich bin hier aufgewachsen und gut qualifiziert, habe gearbeitet und bin Teil dieser Gesellschaft. Und plötzlich so etwas. Ich musste etwas tun und suchte nach Beratung und Unterstützung!“ kommentiert Züleyha K. ihre Erfahrung. Die nötige Unterstützung fand sie bei den Experten von basis & woge e.V.
Vertreten durch den Anwalt Sebastian Busch und unterstützt durch die Hamburger Antidiskriminierungsberatung von basis & woge e.V. sowie mit finanzieller Absicherung durch die Stiftung „Leben ohne Rassismus“ legte sie Klage gegen die Personalvermittlerin ein.
Das Landgericht Lüneburg wies die Klage ab, da es meinte, Frau K. habe die Aussagen in dem Telefongespräch nicht beweisen können. Die Klägerin legte Berufung ein, das Oberlandesgericht Celle verurteilte die Personalvermittlerin zur Zahlung einer Entschädigung von € 1850,-. Rechtsmittel gegen die Entscheidung wurden nicht zugelassen. (Urt. v. 18.01.2014, Az. 13 U 37/13)
Glaubwürdigkeit entscheidend
Das Oberlandesgericht schenkte den Angaben der Klägerin Glauben und berücksichtigte hierbei auch ausdrücklich, dass die Personalvermittlerin auf ihrer Homepage damit geworben hatte, Arbeitgeber könnten durch ihre Einschaltung die Diskriminierungsverbote umgehen und hierbei anonym bleiben.
Das entschädigt nicht für die verlorene Stelle und nicht für die Auseinandersetzung der letzten drei Jahre. Aber Frau K. ist froh über die Entscheidung: „Es geht mir um Gerechtigkeit. Ich wollte am Ende nur noch, dass jemand sagt, dass so etwas nicht passieren darf!“
Birte Weiß von basis & woge e.V. erklärte, es meldeten sich viele Menschen mit ähnlichen Erfahrungen, aber nur die wenigsten hätten ausreichend Zeit, Kraft und Möglichkeiten, die Diskriminierung zu belegen. „Frau K. hat einen langen Weg durchgehalten und am Ende zeigen können, dass eine Diskriminierung auch ohne Zeugen vor Gericht beweisbar sein kann. Dies sollte auch ein Signal an Arbeitgeber und Personalverantwortliche sein, ihre Einstellungspraxis zu überprüfen“, sagte Weiß.
Verstoß gegen Persönlichkeitsrecht
Der Anwalt Sebastian Busch zeigte sich erfreut, dass das Oberlandesgericht ohne Diskussionen festgestellt habe, dass die Verweigerung der Einstellung ein „offenkundiger Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht“ gewesen sei. „Das Oberlandesgericht legte dem nicht das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz zu Grunde, sondern die Diskriminierungsverbote des Grundgesetzes und der EU-Grundrechtecharta in Verbindung mit dem Persönlichkeitsrecht der Bewerberin“, erklärte Busch. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) greift laut Gericht nur im Verhältnis zum möglichen Arbeitgeber, nicht jedoch gegenüber einer für diese tätigen Arbeitsvermittlung.
„In Zeiten, in denen man mit rassistischer Hetze gegen „Kopftuchmädchen“ auf die Bestsellerlisten kommt, erscheint dies nicht selbstverständlich“, ergänzte Busch und stellte fest: „In den meisten englischsprachigen Ländern ist es verpönt, einer Bewerbung ein Foto beizufügen – der Fall illustriert, dass diese Praxis auch in der Bundesrepublik beendet werden sollte.“