Nordrhein-Westfalen will die Verleihung von Körperschaftsrechten erschweren. Besonders muslimische Religionsgemeinschaften dürften es dann schwerer haben, als Körperschaft anerkannt zu werden. Kirchen und Jüdische Gemeinden sind vom neuen Gesetz nicht betroffen.
Die Verleihung von Körperschaftsrechten an Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften soll in Nordrhein-Westfalen erstmals gesetzlich geregelt werden. Über einen entsprechenden Gesetzesentwurf will der Hauptausschuss des Landtags, mit allen Fraktionen, am morgigen Donnerstag abschließend beraten. Mit dem neuen Gesetz soll es deutlich schwieriger werden, als Körperschaft anerkannt zu werden. Auch geregelt werden soll neben der Anerkennung auch die Aberkennung von Körperschaften.
Markus Töns, Sprecher der SPD-Landtagsfraktion im Hauptausschuss erklärte zur Gesetzesinitiative: „Wir können das nicht weiter alleine den Gerichten überlassen.“ Es gebe derzeit Bestrebungen der Zeugen Jehovas, den Körperschaftstatus in NRW einzuklagen. Zuletzt hatte das Verwaltungsgericht Arnsberg den Trägerverein des hinduistischen Tempels in Hamm als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt. Der Status bringt besondere Rechte mit sich, etwa bei den Mitgliedern Steuern einzuziehen. Zudem erhalten Religionsgemeinschaften Vergünstigungen bei Steuern, Abgaben und Gebühren sowie Mitspracherechte in Gremien.
Keine „inflationäre Anerkennung“
Nirgendwo sei „die Vielfalt der Religionen bunter“ als im bevölkerungsreichsten Bundesland, sagt der Kulturexperte der CDU-Landtagsfraktion, Thomas Sternberg. Deshalb könne es keine „inflationäre Anerkennung“ von Glaubensgemeinschaften als Körperschaften geben. „Das neue Gesetz wird dem auch nicht Tür und Tor öffnen“, versichert Sternberg. Dafür gebe es klare Kriterien wie Rechtstreue, Mitgliedergröße und die Dauerhaftigkeit einer Gruppierung.
Vor allem islamische Religionsgemeinschaften streben in NRW gegenwärtig einen Körperschaftsstatus an. Umgekehrt beklagen die Landtagsfraktionen, dass den Muslimen der Körperschaftsstatus fehlt, etwa wenn es um die Einführung des islamischen Religionsunterrichts oder ein neues Bestattungsgesetz geht. Die Bedeutung mancher muslimischer Gruppierung für ihre Community sei indes häufig schwer einzuschätzen, berichten Abgeordnete. Jetzt soll durch das Gesetz mehr Klarheit geschafft werden. Gleichzeitig dürften es die Religionsgemeinschaften schwieriger haben anerkannt zu werden.
Anerkennung von Zustimmung des Landtags abhängig
Es verlangt für die Zuerkennung eines Körperschaftsstatus das Bekenntnis einer Religionsgemeinschaft zu den fundamentalen Verfassungsprinzipien. Dazu gehöre auch die Gewaltfreiheit, so Sternberg. „Extremistische Salafisten werden nach diesem Gesetz keinen Körperschaftsstatus erhalten.“ Grundsätzlich müssen Religionsgemeinschaften, die das Körperschaftsrecht beantragen, auch über ausreichend Mitglieder verfügen. Ein Promille der Landesbevölkerung in NRW, also derzeit 17.500 Mitglieder, nennt das Gesetz dafür als Richtwert. Zudem wird ein Bestand der Gemeinschaft von mindestens 30 Jahren als Indiz für die Gewähr von Dauerhaftigkeit gewertet. Weiter wird dem Landtag das Recht eingeräumt, eine Anerkennung als Körperschaft ausdrücklich „von seiner Zustimmung abhängig zu machen“.
Auch ein Entzug des Körperschafts-Status ist nach dem neuen Gesetz möglich – etwa wenn sich eine Religionsgemeinschaft „in ihrem Wesen so verändert, dass sie inhaltlich einen anderen Charakter erhält“. Dies sei etwa der Fall, wenn eine Gemeinschaft „primär wirtschaftliche Ziele verfolgt“. Auch wenn Zweifel an der Rechtstreue aufkommen, kann der Status wieder entzogen werden. Allerdings werde dafür „das Fehlverhalten einzelner Mitglieder, selbst von Mitgliedern des Vorstandes, nicht genügen“, heißt es dazu in den gesetzlichen Ausführungsbestimmungen.
Die Rechtslage der beiden großen Kirchen werde durch das neue Gesetz „nicht berührt“, betont Töns. „Die Kirchen sind durch das Konkordat geschützt.“ Auch für die jüdischen Kultusgemeinden gebe es gesonderte gesetzliche Regelungen. Sternberg plädiert für eine enge Abstimmung mit den anderen Bundesländern, die derzeit ähnliche Gesetze vorbereiteten. „Wir müssen unbedingt verhindern, dass es in Deutschland zu einem Anerkennungs-Tourismus von Religionsgemeinschaften kommt.“ (KNA/iQ)