Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat das neue Themenjahr gegen Rassismus gestartet. Mit dem Motto „Gleiche Chancen. Immer.“ soll unter anderem die Diskriminierung von Migranten bei der Wohnungssuche und im Berufsleben angesprochen werden. Unter den Botschaftern der Kampagne ist auch eine prominente muslimische Publizistin.
Keine Jobangebote, keine Empfehlungen für weiterführende Schulen oder Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche: Zu oft machen Menschen in Deutschland die Erfahrung, wegen ihrer ethnischen Herkunft benachteiligt zu werden. Gemeinsam mit prominenten Botschafterinnen und Botschaftern aus Sport, Musik und Medien hat die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) deshalb am Montag in Berlin das Themenjahr „Gleiche Chancen. Immer.“ gegen Rassismus ausgerufen.
„Diskriminierung und Rassismus sind für viele Menschen traurige Realität. Dagegen wollen und müssen wir vorgehen“, sagte die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle, Christine Lüders, zum Auftakt des Themenjahres. Bundesweit und in Zusammenarbeit mit Partnerinnen und Partnern aus der Zivilgesellschaft will die Antidiskriminierungsstelle auf rassistische Benachteiligungen von Menschen im Arbeitsleben und im Alltag aufmerksam machen.
Schaden für die gesamte Gesellschaft
Als drängendste Probleme benannte Lüders dabei Diskriminierungen bei der Wohnungssuche und im Berufsleben. Das deckt sich auch mit den Erkenntnissen einer aktuellen Forsa-Umfrage im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Danach sind mehr als zwei Drittel der Befragten der Ansicht, dass Migranten bei der Wohnungssuche benachteiligt werden. Knapp die Hälfte sieht Benachteiligungen im Berufsleben sowie im Umgang mit der Polizei. Diskriminierungen bei Ämtern und Behörden, in Schule und Hochschule oder auch in Restaurants werden von einem Drittel bejaht. Im Arbeitsleben wiederum werden Bewerber einer aktuellen Studie zufolge alleine wegen ihres ausländisch klingenden Namens seltener zum Bewerbungsgespräch eingeladen.
„All diese Diskriminierungen schaden nicht nur den Betroffenen, sondern der Gesellschaft insgesamt“, sagte Lüders. Die ADS-Leiterin regte an, die Zulässigkeit sogenannter Testings zum Nachweis von Diskriminierungen unter anderem auf dem Wohnungsmarkt gesetzlich zu verankern. „Damit erleichtern wir Betroffenen den Nachweis von Benachteiligungen vor Gericht“, sagte Lüders. Außerdem plädierte sie dafür, den gesetzlichen Schutz vor Diskriminierungen im öffentlichen Bereich zu stärken.
Prominente Botschafterinnen und Botschafter und Aktionstag
Bislang gilt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz nur im Arbeitsleben und im Zivilrecht, nicht aber an Schulen oder im Umgang mit staatlichen Behörden oder der Polizei. „Es wäre ein längst überfälliges Signal des Staates, Betroffenen den vollen Schutz vor Diskriminierungen auch im Umgang mit seinen eigenen Institutionen zu gewähren“, sagte Lüders. Die ADS-Leiterin nannte es überdies nicht mehr zeitgemäß, dass im Grundgesetz und im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz noch immer das Wort „Rasse“ verwendet werde.
Zahlreiche Prominente unterstützen die Antidiskriminierungsstelle beim Themenjahr „Gleiche Chancen. Immer.“: Die Fußballerin Steffi Jones und der Fußballer Jérôme Boateng, der Leichtathlet Marius Broening, der Jazz-Gitarrist Ferenc Snétberger, Popmusiker Sebastian Krumbiegel, Reggae-Sänger Patrice Bart-Williams, das afghanische Model Zohre Esmaeli, die Fernsehmoderatorinnen Nazan Eckes und Arabella Kiesbauer, der Moderator Mola Adebisi, die Publizistin Kübra Gümüşay, Schauspieler Ilja Richter und die Regisseurinnen Yasemin Şamdereli und Mo Asumang.
Schwerpunkt: Diskriminierung von Sinti und Roma
Einen Schwerpunkt im Themenjahr „Gleiche Chancen. Immer.“ legt die Antidiskriminierungsstelle auch auf die Diskriminierung von Sinti und Roma in Deutschland. In der bislang umfassendsten Studie zum Thema „Bevölkerungseinstellungen zu Sinti und Roma“ werden Vorurteile gegenüber der ältesten nationalen Minderheit in Deutschland thematisiert und Handlungsempfehlungen zum Abbau von Diskriminierungen gegeben. Die Studie wird im September veröffentlicht. Erste Zwischenergebnisse zeigen nach Angaben der Antidiskriminierungsstelle des Bundes eindeutig, dass negative Assoziationen gegenüber Sinti und Roma vorherrschen. „Eine Mehrheit der Befragten verbindet die Hoffnung auf ein besseres Zusammenleben mit Sinti und Roma mit Hinweisen auf Kriminalität, Leistungsmissbrauch und sogar Einreisebeschränkungen“, sagte Lüders.
Außerdem plant die Antidiskriminierungsstelle unter anderem eine Testing-Studie zur Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt, einen bundesweiten Aktionstag zum Thema „Rassistische Diskriminierung“ am 18. September, eine Preisverleihung für das Engagement gegen Diskriminierung und einen Jugendwettbewerb zum Thema.
„Mit all diesen kleinen und großen Aktionen wollen wir zeigen, dass mehr Vielfalt das beste Mittel gegen Rassismus ist“, sagte Lüders.