Deutsche Islam Konferenz

Auf einen dritten Anlauf zur DIK

Warum haben die ersten beiden Anläufe zur Deutschen Islam Konferenz nicht funktioniert und was macht Innenminister Thomas de Maizière jetzt besser? Engin Karahan analysiert die Neuauflage der Deutschen Islam Konferenz und erklärt, wie sie ein Erfolg werden kann.

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04
2014
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Ende Januar hat Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière die muslimischen Religionsgemeinschaften und andere Verbände zu einem Termin geladen, bei dem nicht von Anfang an feststand, ob es ein harmonisches oder kritisches Treffen würde. Es ging um die Neuauflage der Deutschen Islam Konferenz (DIK). Zwei Runden sind in den Legislaturperioden davor bereits zu Ende gegangen und haben bei Teilnehmern und Nicht-Teilnehmern ganz unterschiedliche Erfahrungen zurückgelassen.

Diesmal hatte jedoch die Einladung ein anderes Format: Weder das Programm noch die genaue Teilnehmerzusammensetzung standen diesmal von vornherein fest. Selbst der Name „Deutsche Islam Konferenz“ stand zur Diskussion. Im Gegensatz zum bisherigen Vorgehen sollten das Programm und die Inhalte der DIK gemeinsam erarbeitet werden. Die eigentliche Fragestellung war dann entsprechend: Wie und mit welchem Inhalt können die Gespräche fortgeführt werden.

Insbesondere lag das Thema Sicherheit nicht mehr im Mittelpunkt der Veranstaltung. Stattdessen sollte der Fokus auf „gesellschaftspolitische Themen, wie Fragen der Religionsausübung, der Seelsorge sowie der Wohlfahrtspflege“ gelegt werden.

Sicherheit und Kulturalisierung

Damit beginnt die neueste Auflage der DIK in einer veränderten Atmosphäre, was die Themenauswahl und die Art der Einbeziehung der Mitwirkenden angeht. In den vorhergehenden Formaten liefen diese Punkte nicht immer konfliktfrei ab.

So hatte der Islamrat schon in der DIK 1, an der er noch beteiligt gewesen ist, immer wieder die Verknüpfung von Sicherheits- und Integrationsthemen kritisiert. Auch hatte er Kritik gegen Bestrebungen vorgebracht, tatsächliche oder sogar angenommene soziale Probleme mit dem kulturellen und religiösen Hintergrund der Betroffenen zu erklären. Problematisch war zudem der Versuch, durch die Instrumentalisierung einiger „nicht-organisierter“ Sprecher kulturalisierende Vorwürfe in die Debatte einbringen zu lassen, die die staatlichen Vertreter aufgrund der Neutralität des Staates hätten gar nicht problematisieren können und dürfen. Zudem fielen zahlreiche Themen, die auf die Tagesordnung gesetzt worden sind, nicht in den Kompetenzbereich des Bundes.

Der Sicherheitsfokus nahm in der zweiten Runde der DIK noch einmal zu. Insbesondere das Zusammenfallen der DIK mit anderen Initiativen des Bundesinnenministeriums wie der „Initiative Sicherheitspartnerschaft“ oder der „Vermisst“-Kampagne sorgten für eine breit getragene Kritik sowohl am BMI als auch an den teilnehmenden Gemeinschaften. Selbst Themen wie der antimuslimische Rassismus konnten nur auf die Tagesordnung gesetzt werden, wenn diese in ein Wechselspiel mit einem vermeintlichen Islamismus gesetzt wurde. Dass zu Beginn der zweiten Phase der Islamrat und der Zentralrat der Muslime aus der Konferenz ausgeschieden waren, hat insbesondere innerhalb der muslimischen Community Anlass für heftige Akzeptanzdebatten gegeben.

Neues Konzept – Neue Chancen

Mit der Neuauflage der DIK scheint sich nicht nur der Ton im Umgang geändert zu haben. Die Einbindung der Partner in die Vorbereitungsphase und die gemeinsame Erarbeitung des Programms ist zu begrüßen. Mit dem Themenkomplex Wohlfahrt steht eines der wichtigsten und akutesten Themen der nahen Zukunft der muslimischen Institutionalisierung in Deutschland auf der Tagesordnung.

In diesem Bereich gibt es einen großen Nachholbedarf, wenn es um die Würdigung der bisher erbrachten Leistungen durch die muslimischen Gemeinschaften geht. In vielen Gemeinden gehören Angebote wie Kinder-, Jugend- und Bildungsarbeit oder auch die Seelsorge mittlerweile zur Selbstverständlichkeit. Muslimische Gemeinden sorgen seit Jahrzehnten nicht nur für die Beheimatung von Muslimen in Deutschland. Sie tragen immer wieder dazu bei, dass Benachteiligungs- und Ausgrenzungsmechanismen entgegengewirkt wird. Durch ihre Sozialarbeit fangen sie immer wieder seelisch und materiell in Not geratene Menschen auf.

Die Arbeit der Gemeinden wird jedoch allgemein außerhalb der muslimischen Community und außerhalb eines kleinen Kreises von Experten nicht als positiver Beitrag für die Gesamtgesellschaft anerkannt. Hier kann die DIK zusammen mit den beteiligten muslimischen Gemeinschaften einen wichtigen Beitrag leisten. Die Einbindung und Berücksichtigung der muslimischen Wohlfahrtsarbeit in das System der freien Wohlfahrtspflege sollte der nächste selbstverständliche Schritt sein.

Zum anderen gibt es auch innerhalb der Gemeinschaften einen Nachholbedarf hinsichtlich der Professionalisierung der Angebote im Wohlfahrtsbereich. Oft fehlt es einfach an der Erkenntnis, dass viele wie selbstverständlich angebotene Dienste in den Moscheegemeinden unter den Begriff der Wohlfahrt fallen. Hier bedarf es einer verstärkten Professionalisierung und Ausweitung der bestehenden Angebote.

Erwartungen an die DIK

Mit der neuen Zielsetzung und Arbeitsweise scheint die DIK zumindest konzeptionell die Möglichkeit zu bieten, einen gewichtigen Beitrag in der Frage der Teilhabe von Muslimen und ihren Gemeinschaften zu leisten. Dazu muss gewährleistet werden, dass tatsächlich ein an Sachfragen orientierter Austausch stattfindet.

Dabei muss jedoch darauf geachtet werden, nicht immer wieder in alte Begründungsmuster zu verfallen, die die Religionszugehörigkeit oder den kulturellen Hintergrund als Ursache für Problem und Konflikte benennen. Alles in allem, viele Fragen – auch im Bereich der Wohlfahrtspflege – stehen im engen Zusammenhang mit der Akzeptanz der islamischen Religionsgemeinschaften in ihrem Selbstverständnis durch Staat und Politik.

Wenn dies berücksichtigt wird, können aus einer solchen DIK sowohl wichtige Impulse in die Moscheegemeinden gesendet werden, als auch ein immenser Wissens- und Verständniszuwachs für den nicht-muslimischen Teil der Bevölkerung, insbesondere aber auch für Verwaltung und Politik erreicht werden. Eine weitere Stufe der Normalität – mehr bedarf es für den Erfolg einer solchen Veranstaltung nicht.