Der Streit um den Halbmond, den ein muslimischer Kandidat der NRW-CDU für die Kommunalwahlen in Neuss im CDU-Logo platziert hat, geht weiter. Ein CDU-Politiker spricht von einer „Islamisierung der CDU“ und wirft dem Parteichef sogar vor in der Sache zu lügen. Spaltet sich die NRW-CDU? Von Johannes Nitschmann
Die Auseinandersetzung um den Halbmond im CDU-Logo spaltet die Neusser CDU mitten im Kommunalwahlkampf. Eine Gruppe bekennender Katholiken um den CDU-Ratsherrn Sebastian Rosen geht öffentlich auf Konfrontationskurs zur Parteiführung. Rosen sagte am Montag, der Konflikt um eine drohende Islamisierung der CDU dürfe nicht tabuisiert werden, sondern müsse offen ausgetragen werden. „Das gehört nun mal zur innerparteilichen Demokratie.“
Für kommenden Freitag hat Rosen nach eigenen Angaben zu einer Veranstaltung eingeladen. Sie stehe unter dem Motto: „Neuss unter dem Halbmond? – Hat sich die CDU vom C verabschiedet?“ Der Neusser CDU-Vorsitzende Jörg Geerlings distanzierte sich umgehend von den Aktivitäten Rosens. Hierbei handele es sich „nicht um ein Parteiangebot, sondern um eine Einzelveranstaltung“, ließ der CDU-Chef verlauten.
In der CDU ist eine heftige Diskussion über den Umgang mit muslimischen Mitgliedern entbrannt, nachdem der Neusser Stadtrat-Kandidat Yaşar Çalık im laufenden Kommunalwahlkampf mit einem islamischen Halbmond im „C“ des Parteilogos geworben hatte. Vor allem bekennende Katholiken in der CDU sehen darin einen Affront, weil Muslime bei der Enteignung christlicher Kathedralen das Kreuz durch den Halbmond ersetzt hatten. Erst im 18. Jahrhundert wurde die türkische Mondsichel (Hilal) auch zum Symbol auf der Staatsflagge. Bereits vor einer Woche hatte die Führung der Neusser CDU ihrem Kandidaten Çalık untersagt, die Wahlkampfmaterialien mit dem Halbmond im CDU-Logo weiter zu verbreiten. Auch die Landespartei hat die Verfremdung ihres Logos für unzulässig erklärt.
Zugleich warnte der Generalsekretär der NRW-CDU, Bodo Löttgen, aber davor, auf die „kleine Panne“ im Neusser Kommunalwahlkampf „mit Riesenmunition“ zu reagieren. Er halte es für abwegig, von einer drohenden „Muslimisierung“ der CDU zu sprechen. Der in Bedrängnis geratene Çalık und die Führung der Neusser CDU hatten erklärt, bei dem verfremdeten Symbol handele es sich um einen Fehler in der Druckerei, der zu spät bemerkt worden sei.
Diese Darstellung hält Rosen für unglaubwürdig. „Hier belügen der Parteivorsitzende und Yaşar Çalık ganz klar die Wähler“, so Rosen, der am 25. Mai ebenfalls erneut für den Neusser Stadtrat antritt. Er habe Belege dafür, dass selbst Vorstandsmitglieder die CDU-Stofftaschen mit dem verfremdeten Parteilogo im Wahlkreis von Çalık verteilt hätten. „Nach diesem riesengroßen Fehler, der uns im christlich-konservativen Lager enorm viele Stimmen kosten wird, sollten wir der Öffentlichkeit doch endlich die Wahrheit sagen und unsere höchst irritierten Wähler nicht weiter für dumm verkaufen.“
Rosen berichtete, er werde aus Parteikreisen derzeit unter Druck gesetzt, seine Veranstaltung „Neuss unter dem Halbmond“ abzusagen. Doch seine Wähler verlangten von ihm Aufklärung zu den Vorgängen um den CDU-Kandidaten Çalık. Seinen unter Beschuss geratenen muslimischen Parteifreund habe er zur Veranstaltung ausdrücklich eingeladen. Er wisse aber nicht, ob er auch kommen werde. „Nicht ich halte hier ein Thema am Kochen, sondern es kocht in der Bevölkerung“, sagte der CDU-Ratsherr. Als Hauptredner werde der Kirchenhistoriker und Islam-Kenner Michael Hesemann darüber sprechen, welche Gefahren für die CDU und die Christen vom muslimischen Halbmond ausgingen. Auf den Einladungen wird Hesemann als „guter Freund“ des emeritierten Papstes Benedikt XVI. ausgewiesen.
Unterdessen versicherte der Neusser CDU-Chef Gerlings, seine Partei gestalte Politik „auf der Grundlage des christlichen Verständnisses von Menschen“. Die CDU sei aber für alle Menschen offen, „ohne Ansehung ihres Glaubens und ihrer Abstammung“. Der Kandidat Çalık habe seinen Fehler bedauert und bekenne sich klar zu den Werten der Union. Der aus der evangelischen Kirche stammende Neusser CDU-Vorstand Tobias Goldkamp erklärte: „Niemand wird dadurch am Kirchgang gehindert, dass von den 29 Direktkandidaten der CDU in Neuss auch eine Person islamischen Glaubens ist.“ (KNA)