Nach islamfeindlichen Ressentiments von CDU-Mitgliedern wegen eines Halbmonds im Logo der Partei, betont der Vorsitzende der NRW-CDU, Armin Laschet, die Union stehe für alle Personen offen und sei auch für Muslime eine gute Wahl. Ein Bericht von Johannes Nitschmann.
Yasar Çalık kommt verspätet. Das Gruppenbild der türkischstämmigen CDU-Ratskandidaten mit ihre nordrhein-westfälischen Parteivorsitzenden Armin Laschet ist längst im Kasten, als der 37-Jährige die Landesparteizentrale der Christdemokraten in Düsseldorf betritt. Schüchtern sucht Çalık bei dem Treffen des Deutsch-Türkischen Forums (DTF) der Landes-CDU nach seinem Platz unter den etwa 30 Kandidaten. Im laufenden Kommunalwahlkampf hat der Neusser CDU-Ratskandidat für Schlagzeilen gesorgt wie kaum ein anderer Bewerber an Rhein und Ruhr.
Der Politiker hatte das CDU-Logo auf den von ihm im Wahlkampf verteilten Stofftaschen mit einem islamischen Halbmond verfremdet. Damit löste Çalık bei den Christdemokraten eine hitzige Diskussion über den Umgang mit Muslimen aus. Sogar von einer drohenden „Muslimisierung“ der CDU war die Rede. Bei dem Treffen eine Woche vor den NRW-Kommunalwahlen bemüht sich der CDU-Landeschef um einen demonstrativen Schulterschluss – nicht nur auf dem Gruppenfoto.
Als Kronzeugen für die weltanschauliche Öffnung seiner Partei bemüht Laschet prominente CDU-Politiker wie Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble oder Ex-Bundespräsident Christian Wulff: „Der Islam ist ein Teil von Deutschland.“ Dies sei „eine Realität“, die mit Spielern wie Mesut Özil längst auch die deutsche Fußball-Nationalelf erreicht habe, so der CDU-Mann. Seine Partei könne und dürfe sich diesen Entwicklungen nicht verweigern. Nicht nur der Glaube an einen Gott verbinde das Christentum und Islam, sondern auch die Nächstenliebe, das Teilen mit den Armen und das Fasten.
Die CDU sei im Gegensatz zur katholischen Zentrumspartei ganz bewusst als „säkuläre“, also weltliche Partei gegründet worden, betont Laschet. Deshalb stehe sie Christen und Juden ebenso offen wie Muslimen oder Anhängern anderer Weltanschauungen, wenn sie sich zu den Grundwerten der Union, dem Menschen als Individuum und Gesellschaftswesen ebenso bekennen wie zur sozialen Marktwirtschaft.
Die türkischstämmigen Ratskandidaten, mit einer Ausnahme allesamt Männer, wollen von Laschet wissen, was sie im Kommunalwahlkampf beherzigen müssten. „Gehen Sie auf die Leute zu“, sagt er, „suchen Sie das Gespräch Face to Face.“ Dies sei oft wirkungsvoller als alle modernen Kommunikationsmittel im Internetzeitalter. Von seiner Partei wünscht sich Laschet ein offensiveres Eintreten dafür, „dass Religion im öffentlichen Raum stattfindet“. Genauso wie sich die CDU für den katholischen und evangelischen Religionsunterricht an den Schulen einsetze, befürworte sie einen muslimischen Religionsunterricht. „Das müssen wir noch besser erklären“, sagt Laschet. Zahlreiche CDU-Mitglieder hätten den Weg in die Partei über ein Engagement in kirchlichen Organisationen gefunden. Bei den muslimischen Mitgliedern sei dies oftmals ähnlich, so der CDU-Landeschef: „Die finden von ihrem Moscheeverein in die CDU.“
Mit der Hagener Bundestagsabgeordneten Cemile Giousouf und der Kölner Landtagsabgeordneten Serap Güler haben zwei Deutsch-Türkinnen in der NRW-CDU eine Blitzkarriere gemacht. Die Integration der Migranten in der CDU mache erkennbare Fortschritte, sagt Güler bei dem Treffen, „aber bei der nächsten Wahl, bitteschön, mehr weibliche Kandidaten“. Die deutsch-türkischen CDU-Männer nicken sichtlich betreten.
Der Streit um das mit dem islamischen Halbmond verfremdete CDU-Logo im Neusser Kommunalwahlkampf ist an diesem Abend tabu. Der ins innerparteiliche Kreuzfeuer geratene Kandidat Çalık spricht stattdessen über seine zwölfjährige Zeit als Berufssoldat bei der Bundeswehr. Der militärische Drill, die soldatischen Tugenden, mit allem habe er dort gefremdelt, berichtet er offenherzig. „Mein Ziel war gewesen, zu überleben.“ Seit 2006 gehöre er als Muslim der CDU an – immer noch mit voller Überzeugung. Sein Tischnachbar, ein türkischer Ratskandidat aus dem oberbergischen Bergneustadt, sekundiert: „Bei der SPD gab’s für mich nur Kugelschreiber und Feuerzeuge.“ Dagegen habe er bei den Christdemokraten auch eine religiöse Heimat gefunden. „Muslime und Christen glauben beide an Gott, an Allah.“ (KNA)