Für unsere Reihe zur Europawahl 2014 haben wir auch mit wichtigen Persönlichkeiten aus den Fraktionen gesprochen. Heute gibt es drei Fragen an Rebecca Harms, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europäischen Parlament.
Zwischen dem 22. und 25. Mai 2014 wird in allen Staaten der Europäischen Union (EU) ein neues Europaparlament gewählt. IslamiQ hat sich deshalb in einer Reihe mit Fragen an die Fraktionen gewandt, aber auch Politiker zu wichtigen Anliegen der Leser befragt.
Rebecca Harms ist Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europäischen Parlament. Die gelernte Baumschul- und Landschaftsgärtnerin wurde von der Anti-Atomkraft-Bewegung politisch geprägt und ist eine entschiedene Gegnerin der Atomkraft. Harms ist zudem Mitglied des Parteirates von Bündnis 90/Die Grünen und Spitzenkandidatin für das EU-Parlament.
IslamiQ: Frau Harms, während die konservativen und rechtspopulistischen Parteien in ihren Wahlkampagnen Stimmungsmache gegen Flüchtlinge und Migranten betreiben, konzentrieren sich die Grünen auf den Klimaschutz und die Energiepolitik. Glauben Sie, dass diese Themen ihre Wähler ansprechen werden?
Rebecca Harms: Flüchtlingspolitik ist ein grünes Kernthema. Wir wissen aus Umfragen, dass unsere Wähler Klimaschutz, Energiepolitik, Gentechnik ganz oben auf ihrer Prioritätenliste haben. Deshalb stehen diese Themen auch im Zentrum unseres Wahlkampfs. Aber natürlich streiten die Grünen auch und gerade im Europawahlkampf für eine humane Flüchtlingspolitik. Auch eines unserer Plakate hat den Schutz von Flüchtlingen zum Thema. Die Katastrophe im Mittelmeer und anderswo an den europäischen Grenzen muss ein Ende haben!
IslamiQ: Der Tierschutz ist für Ihre Partei ein sehr wichtiges Thema. Was denken Sie über das Verbot von halal und koscher – Schächtungen in Schweden und Polen?
Rebecca Harms:Das betäubungslose Schlachten darf in Deutschland bisher grundsätzlich nicht durchgeführt werden. Es bedarf einer Ausnahmegenehmigung, die nur für religiöses Schlachten erteilt wird. Verfassungskonform ausgeglichen werden müssen dabei das Grundrecht auf ungestörte Religionsausübung und der im Grundgesetz als Staatsziel verankerte Tierschutz.
Wir sehen erstmalig die Möglichkeit einer genehmigungsfreien, unter einer reversiblen Betäubung (Wiederaufwachen des Tieres aus der Betäubung ist theoretisch möglich) stattfindenden Schlachtung für jene Religionsgemeinschaften vor, die zwar nicht auf einer betäubungslosen Schlachtung bestehen, aber eine irreversible Betäubung ablehnen.
Für jene Religionsgemeinschaften, denen nur eine betäubungslose Schlachtung erlaubt ist, sehen wir – in Übereinstimmung mit dem Bundesverfassungsgericht – wie bisher die Möglichkeit vor, eine Ausnahmegenehmigung vom Betäubungsgebot unter bestimmten Bedingungen zu erreichen.
IslamiQ: Die Grünen setzen sich für die Stärkung der Rechte der Migranten ein, dazu gehört auch das kommunale Wahlrecht der Menschen ohne deutschen Pass. Welchen Einfluss kann das Europäische Parlament auf das kommunale Wahlrecht haben? Wie stehen die Chancen, dass das Wahlrecht durchgesetzt werden kann, auch im Hinblick auf die Anzahl der Sitze der konservativen Parteien?
Rebecca Harms: Leider ist Wahlrecht nationales Recht. Wir hoffen aber, dass sich die deutschen Politiker ein Vorbild nehmen an anderen europäischen Ländern wie zum Beispiel Belgien. Hier ist das Wahlrecht für Nicht-Belgier bei Europa- und Kommunalwahlen bereits verankert.