Kein gottloser Zusammenschluss

Statistiken belegen hohe Religionszugehörigkeit in der EU

Wie steht es eigentlich um die Religionsvielfalt innerhalb der Europäischen Union? Ein Blick in die Statistiken zeigt: Das Christentum hat eine Vormachtstellung. Doch die Zahlen zu Muslimen und anderen religiösen Gemeinschaften in der EU zeigen die wahre Vielfalt.

22
05
2014
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Europa gilt gemeinhin als christlicher Kontinent. Doch obwohl die Zahl der Christen innerhalb der Europäischen Union sehr groß ist, lassen sich die „Minderheiten“ auch nicht kleinreden. Die Religionsvielfalt drückt sich auch in Zahlen aus.

So leben in der EU konservativen Schätzungen zufolge mindestens 13 Millionen Muslime. Der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) spricht sogar von 22 Millionen. Die meisten Muslime gibt es in Frankreich; ihre Zahl wird auf sechs Millionen geschätzt. In Deutschland sollen vier bis sechs Millionen Muslime leben. Das Islam-Archiv in Soest geht von 4,4 Millionen aus. Offiziellen Angaben zufolge gibt es in Großbritannien 2,7 Millionen Muslime, also stellen sie knapp fünf Prozent der Bevölkerung. Auch in den Niederlanden findet sich eine größere muslimische Gemeinde. Nach letzten offiziellen Angaben von 2008 zählte sie 825.000 Mitglieder; die Zahl dürfte mittlerweile deutlich höher liegen.

Christliche Konfessionen in der Überzahl

Die katholische Kirche ist mit 273 Millionen Katholiken (Stand 2011) oder rund 54 Prozent der EU-Bevölkerung die größte Religionsgemeinschaft in der Europäischen Union. Fast alle lutherischen, reformierten und methodistischen Kirchen haben sich zur Gemeinschaft evangelischer Kirchen in Europa zusammengeschlossen. Die sogenannte Leuenberger Konkordie, so ihr erster Name, vertritt fast 50 Millionen Mitglieder. Hinzu kommt noch die anglikanische Staatskirche von England mit rund 26 Millionen Getauften.

Die orthodoxe ist nach der katholischen und der evangelischen die drittgrößte christliche Konfession. In der EU gibt es acht selbstständige (autokephale) Kirchen: in Rumänien, Bulgarien, Zypern, Griechenland, Finnland, Polen, Estland sowie die der böhmischen Länder und der Slowakei. In Rumänien, Bulgarien, Griechenland und Zypern sind sie die Mehrheitskirche. Aber auch Angehörige anderer orthodoxer Kirchen und altorientalischer Christen leben in der EU. Genaue Zahlen liegen nicht vor.

Juden, Sikhs, Hindus, Buddhisten und konfessionslose

Die Juden stellen eine kleine religiöse Minderheit in der EU dar. Auch in diesem Fall gibt es keine genauen Zahlen. Die größte Diasporagemeinde lebt in Frankreich: rund eine halbe Million, die meisten davon in und um Paris. In Großbritannien leben rund 300.000 Juden. In Deutschland vertritt der Zentralrat der Juden 101.300 Juden; einigen Schätzungen zufolge soll es ungefähr eine gleich große Zahl geben, die ihm nicht angehören.

Aufgrund seiner kolonialen Vergangenheit beheimatet Großbritannien EU-weit die größten Gemeinschaften der Hindus (817.000) und der Sikhs (423.000). Auch der Buddhismus ist vertreten; die Zahlen schwanken zwischen einer und vier Millionen.

Zuwachs verzeichnen die sogenannten Konfessionslosen, also Menschen, die nicht einer religiösen Gemeinschaft angehören. Konkrete Zahlen zu diesem Phänomen für die EU gibt es nicht. Genannt werden 15 bis 17 Prozent, doch Genaueres ist nicht zu eruieren. Grundsätzlich sagt natürlich auch die Zugehörigkeit zu einer Religion nicht aus, ob und wie intensiv sie praktiziert wird.

Die meisten Zahlen beruhen auf Schätzungen, mit Ausnahme der katholischen Kirche. Die EU führt eigene Statistiken, die zu einer Vielzahl von Themen abgerufen werden können – mit einer Ausnahme: der Religionszugehörigkeit. Oft genug wissen Religionsgemeinschaften selbst nicht genau, wie viele Mitglieder sie vertreten, vor allem dann, wenn diese Gemeinschaften nicht zentral organisiert sind. (KNA/iQ)