Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) haben anlässlich des Tages der Organspende in Berlin ihre neue gemeinsame Organspende-Kampagne vorgestellt. Auch Muslime betrifft das Thema.
„Jede Organspende kann Leben retten“, sagte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) bei der Vorstellung der neuen Organspende-Kampagne „Ich entscheide. Informiert und aus Verantwortung.“ am Freitag (06.06.2014) in Berlin. Gröhe erklärte weiter: „Aber nur der Organspendeausweis schafft Klarheit. Im Organspendeausweis kann die persönliche Entscheidung festgehalten werden. Er gibt den Angehörigen die Gewissheit, in einer schwierigen Situation das Richtige zu tun.“
Die Organspende-Kampagne 2014 soll dazu motivieren, sich über das Thema Organspende zu informieren und die persönliche Entscheidung für oder gegen eine Organspende in einem Organspendeausweis zu dokumentieren. Damit wird an die Kampagne aus dem Vorjahr angeknüpft, die unter dem Motto: „Das trägt man heute: den Organspendeausweis“ stand.
Der Patientenbeauftragte und Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Staatssekretär Karl-Josef Laumann, erinnerte in diesem Zusammenhang an eine repräsentative Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): Demnach ist die Hälfte der Deutschen nur mäßig oder schlecht über die gesetzlichen und medizinischen Aspekte der Organspende informiert. Darüber hinaus hätten zwar 78 Prozent der Deutschen eine eher positive Einstellung gegenüber Organspenden, jedoch nur 28 Prozent tatsächlich einen Organspendeausweis.
Ein Organspendeausweis dokumentiere den freien Willen des Einzelnen. „Den Angehörigen wird dadurch nach dem Tod womöglich eine schwierige Entscheidung erspart. Die BZgA-Umfrage zeigt zudem, dass mehr Organspenden möglich wären. Für viele der rund 11.000 Patienten, die laut der DSO auf der Warteliste stehen, könnte damit ein neues Leben beginnen. Und das größte Geschenk auf dieser Welt, das es überhaupt gibt, ist es, neues Leben zu schenken“, erklärte Laumann.
Es müsse aber auch klar sein: „Jeder von uns kann eines Tages dringend auf eine Organspende angewiesen sein.“
In vielen muslimischen Ländern ist die Organspende weiterhin nicht endgültig und abschließend geklärt. Es gibt Streitthemen, unter anderem auch zur Frage, wann ein Mensch eigentlich als tot gilt. Diese oft ethischen, religiösen und medizinischen Fragen, haben dazu geführt, dass es keine einheitlichen Standards von Muslimen beim Thema Organspende gibt.
Muslimische Organisationen in Deutschland haben sich in der Vergangenheit jedoch mehrfach und unabhängig voneinander für Organspenden ausgesprochen. So hat der Zentralrat der Muslime (ZMD) bereits im vergangenen Jahr für eine Sicht ausgesprochen, die generell jede Organspende islamisch als erlaubt betrachtet. „Der Islam will die Erleichterung und tendiert zur Erlaubnis und setzt damit ein wichtiges Zeichen für die menschliche Solidarität“, sagte ZMD-Vorstandsmitglied Houaida Taraji hierzu.
Auch die Islamische Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) hatte sich im vergangenen Jahr in einer Stellungnahme aus theologischer Sicht zum Thema geäußert. So heißt es in der damaligen Erklärung: „Damit eine Organtransplantation durchgeführt werden kann, ist außerdem erforderlich, dass der Tod eindeutig festgestellt wird. Geht es aber zum Beispiel um eine Nierentransplantation eines lebenden Menschen, so darf die Gesundheit des Spenders nicht gefährdet werden. Sofern diese Grundprinzipien eingehalten werden, ist die Organtransplantation unserer Auffassung nach religiös zulässig.“
Mittlerweile liegt ein erster Entwurf für eine ausführlichere Stellungnahme zum Thema Organspenden aus islamischer Sicht vor, wie IslamiQ aus der IGMG-Zentrale erfahren konnte. Der Entwurf, der die islamrechtlichen Sichtweisen zur Organspende behandelt, befindet sich jedoch noch in der internen Prüfung der Religionsgemeinschaft. Sie soll nach Möglichkeit noch in diesem Jahr erscheinen und Muslimen als Leitfaden zum Thema dienen.
Laut der Deutschen Stiftung Organspende (DSO) ist die Zahl der postmortal entnommenen und transplantierten Organe zwischen 2010 und 2013 um mehr als 1.000 auf 3.035 gesunken. Dies liegt auch an dem Verlust des Vertrauens ans System. Dieses hatte insbesondere unter den Manipulationen bei der Organvergabe an verschiedenen Kliniken gelitten. Mit den inzwischen ergriffenen Reformen sei man laut Staatsminister Laumann jedoch auf einem guten Weg. „Es gibt heute deutlich mehr Transparenz, deutlich mehr Informationen und deutlich mehr Kontrollmöglichkeiten. Auch darüber klärt der Tag der Organspende auf“, sagt Laumann.