NSU-Terror

NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft bittet Opfer um Vergebung

Hannelore Kraft hat die Opfer des NSU-Terrors um Vergebung gebeten. Man sei „unentschuldbar blind gewesen“, sagte die NRW-Ministerpräsidentin. Ein NSU-Untersuchungsausschuss soll jetzt die Vorfälle, auch um den Nagelbomben-Anschlag in der Kölner Keupstraße, aufklären.

08
06
2014
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Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) hat sich bei den Opfern der rechtsextremen Terrororganisation Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) für die jahrelangen falschen Verdächtigungen entschuldigt. „Wir können nur um Vergebung bitten, so lange so unentschuldbar blind gewesen zu sein“, sagte Kraft in einem Interview mit dem Kölner Stadt-Anzeiger (Freitagsausgabe).

Anlass war der zehnte Jahrestag des Nagelbomben-Anschlags in der Kölner Keupstraße. Die Ermittler und der damalige Bundesinnenminister Otto Schily sowie der NRW-Innenminister Fritz Behrens (beide SPD) waren lange von einem kriminellen Hintergrund der Taten ausgegangen. Bereits einen Tag nach dem Nagelbomben-Anschlag traten beide Innenminister vor die Presse und bestritten einen terroristischen Hintergrund des Anschlags. Bis zum Auffliegen des NSU wurde der rechtsextreme Hintergrund ignoriert.

NSU-Untersuchungsausschuss kommt

Zum von der Opposition geforderten Untersuchungsausschuss des Landtages erklärte Kraft, die Landesregierung und die Ermittlungsbehörden in NRW würden alles Notwendige zur Aufklärung der Taten beitragen. „Wo es Fehler, Pannen, Versäumnisse und mögliche Vertuschungen gab, müssen diese offen benannt und die Konsequenzen gezogen werden. Das sind wir insbesondere den Opfern und ihren Angehörigen schuldig“, sagte Kraft.

Die SPD-Fraktion hatte sich, ebenso wie die Grünen, lange gegen einen NSU-Untersuchungsausschuss gestellt. Die Initiative für einen solchen Ausschuss ging von den Piraten im NRW-Parlament aus. Die CDU prüfte die Chancen für einen Untersuchungsausschuss und erhöhte zuletzt mit seiner Ankündigung nach den Sommerferien einen NSU-Untersuchungsausschuss zu beantragen den Druck auf die Regierung. „Die Opfer haben das Recht, dass jede Ungereimtheit aufgeklärt wird“, hatte CDU-Fraktionschef Armin Laschet als Begründung für einen Untersuchungsausschuss genannt.

Der NSU wird bundesweit für insgesamt zehn Morde, mindestens zwei Sprengstoffanschläge und vierzehn Banküberfälle in den Jahren 2000 bis 2011 verantwortlich gemacht. In Nordrhein-Westfalen werden dem NSU bislang zwei Bombenanschläge in Köln (Probsteigasse 2001 und Keupstraße 2004) sowie der Mord an dem Kioskbesitzer Mehmet Kubaşık in Dortmund (2006) zugerechnet.

Gefahr von Neonazis nicht unterschätzen

Kraft warnte auch davor, die Gefahr durch Neonazis zu unterschätzen. „Wir sollten uns auch nichts vormachen: Wir müssen wachsam bleiben. Der braune Bodensatz ist immer noch da“, sagte die Ministerpräsidentin. Das zeigten die Neonazi-Aufmärsche in NRW.

Zehn Jahre nach dem Nagelbomben-Anschlag in der Keupstraße in Köln-Mülheim werden dort über Pfingsten bis zu 100.000 Besucher zu einem Kunst- und Kulturfest erwartet. Unter dem Motto „Birlikte“ (Türkisch: Zusammenstehen) soll es an die Opfer der rechtsextremistischen Terrorzelle NSU erinnern und ein Zeichen der Solidarität von Bürgern mit und ohne Migrationshintergrund setzen. An der zentralen Kundgebung am Montag nimmt Bundespräsident Joachim Gauck teil, zusammen mit vielen prominenten Künstlern.