Nach Hamburg und Niedersachsen haben mit Bremen und dem Saarland zwei weitere Landesämter für Verfassungsschutz die Beobachtung der IGMG eingestellt bzw. die Einstellung angekündigt. Auch das Bundesamt schlägt neue Töne an. Damit setzt sich ein bundesweiter Trend fort.
Bereits im April hat der Hamburger Verfassungsschutz mitgeteilt, dass die Beobachtung der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) eingestellt wurde. Begründung: Es gibt keine Grundlage mehr für die Beobachtung. Dieser Einschätzung folgte im Mai das Landesamt für Verfassungsschutz in Niedersachsen. Es kündigte eine Neubewertung an.
Am Dienstag schlossen sich die Landesämter für Verfassungsschutz in Bremen und Saarland diesem Trend an. Im Bremer Verfassungsschutzbericht wird die IGMG gar nicht mehr erwähnt und in der Saarbrücker Zeitung kündigte der zuständige Amtsleiter Helmut Albert an, die IGMG im nächsten Jahr aus dem Bericht zu nehmen.
Auch in dem heute vorgestellten Verfassungsschutzbericht 2013 des Bundes ist ein neuer Ton erkennbar. „Die mit der Amtsübernahme von [Kemal] Ergün im Mai 2011 angestoßene personelle und strukturelle Umbruchphase dauert weiter an. Ergün forciert die Professionalisierung der Arbeit der IGMG und richtet das Profil der Organisation deutlich religiöser aus“, heißt es in dem Bericht über die IGMG.
Wann der Bund die Beobachtung einstellen wird, lässt sich aus dem Bericht nicht herauslesen. Allerdings scheint das nur noch eine Zeitfrage zu sein, zumal der Islamrat, deren stärkstes Mitglied die IGMG ist, wieder an der Deutschen Islamkonferenz unter der Leitung von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) teilnimmt.
In den Fokus der Verfassungsschutzämter rücken immer stärker die Salafisten. Diese gelten in Sicherheitskreisen als sehr problematisch, da sie auch als „Durchlauferhitzer“ für mögliche Terroristen gelten. Der Salafismus sei besonders für Jugendliche attraktiv, weil er einfache Antworten verspreche und gescheiterten Existenzen eine neue Form von Heimat biete.
Kopfschmerzen bereiten den Sicherheitsbehörden vor allem, dass radikalisierte Salafisten aus Deutschland in der jüngeren Vergangenheit im bewaffneten Kampf in Syrien in Erscheinung getreten sind. Mehrere bekannte Salafisten aus Deutschland sollen zudem Kontakte zur Terrororganisation ISIS unterhalten. Die Reisebewegungen von jungen radikalisierten Salafisten sind laut Behörden ebenfalls problematisch, weil man fürchtet, Syrien-Rückkehrer mit Erfahrung im bewaffneten Kampf könnten auch Anschläge in Deutschland planen. Konkrete Anhaltspunkte gebe es aber nicht.
Im Bereich des Rechtsextremismus sei zwar laut Bundesamt für Verfassungsschutz das Personenpotenzial erneut rückläufig, die Zahl gewaltbereiter Rechtsextremisten liege jedoch wie im letzten Jahr bei circa 9.600 Personen. Somit sei fast jeder zweite Rechtsextremist gewaltbereit. Gegenüber dem Vorjahr sind zudem fremdenfeindliche Gewalttaten um 20,4 Prozent (von 393 auf 473) angestiegen. Die fremdenfeindliche Zielsetzung zeige sich auch durch den Versuch in Orten mit (geplanten) Asylbewerberheimen, Proteste eines Teils der Bevölkerung gegen Asylbewerberheime zu radikalisieren und damit für die Ziele der Rechtsextremisten zu nutzen.
Im linksextremistischen Spektrum sei das Personenpotenzial ebenfalls leicht rückläufig (2013: 27.700 Personen; 2012: 29.400 Personen). Gleichzeitig sei die Zahl der Gewalttaten gegenüber 2012 deutlich um 26,7 Prozent auf 1.110 angestiegen. Gewalttaten gegenüber der Polizei und Sicherheitsbehörden seien dabei um 34,2 Prozent, Gewalttaten gegen Rechtsextremisten oder vermeintliche Rechtsextremisten um 39,8 Prozent angestiegen.