In einem Gastbeitrag beschreibt Abdulhamid Sørensen die Geschichte und aktuelle Situation von Muslimen in Dänemark. Dabei macht der Autor auch auf die steigende Gefahr der Islamfeindlichkeit durch rechtsextreme Parteien aufmerksam.
In den frühen 1960er Jahren kamen die ersten muslimischen Zuwanderer nach Dänemark. Sie stammten hauptsächlich aus Pakistan und der Türkei. Es waren junge Männer aus Dörfern, die nach Dänemark kamen, um zu arbeiten und Geld an ihre Familien in ihren Heimatländern zu schicken. Viele hatten die Vorstellung für eine kurze Zeit arbeiten zu müssen und anschließend in ihre Heimat zu ihren Familien zurück zu kehren. Statt in ihre Heimatländer zurückzukehren, entschieden sie sich jedoch ihre gesamte Familie nach Dänemark zu holen. Der Islam und Muslime wurden somit heimisch in Dänemark.
Später kamen palästinensische Flüchtlinge, somalische Flüchtlinge und wieder später bosnische und afghanische Muslime. Wie in vielen anderen westlichen Ländern besteht die muslimische Bevölkerung auch in Dänemark aus diesen Nationalitäten, die zudem die Grundlage des Islam im Land bilden.
Wenn man mit den ersten muslimischen Zuwanderern in Dänemark spricht, werden sie von einem Land erzählen, das sie gut empfangen und behandelt hat. Sie werden über zahlreiche muslimische und ethnische Gruppen berichten, die nicht viel miteinander zu tun hatten. Sie werden berichten, dass diese Gruppen versucht haben Unionen zu gründen, damit jede individuelle ethnische Gruppe sowohl ihre religiöse als auch ihre kulturelle Identität erhalten kann.
Eine der größten Herausforderungen für viele muslimische Zuwanderer war etwas so grundsätzliches wie Nahrung. Die meisten waren würzige und vielfältige Nahrung gewohnt und sie kamen in ein Land, in dem Salz und Pfeffer praktisch die einzigen Gewürze waren. Es gab kein halal geschächtetes Fleisch. Einige entschieden sich nicht halal geschächtetes Fleisch zu essen, andere wiederum errichteten halal Metzgereien. Der Islam begann in Dänemark Form anzunehmen.
Während der letzten 25 Jahre blühten die muslimischen Unionen auf: Gebetsräume und Einrichtungen für religiöse Veranstaltungen wurden gegründet. Die muslimische Gemeinde begann muslimische Schulen zu gründen, später wurden zudem muslimische Kindergärten und tatsächliche Moscheen errichtet. Die Muslime in Dänemark arbeiten heutzutage quer durch ethnische Gruppen hinweg in der Dachorganisation der Dänisch Muslimischen Union. Eine Organisation, die aus arabischen, türkischen, pakistanischen, bosnischen und somalischen Organisationen besteht.
Muslimen in Dänemark ist es gestattet Moscheen, islamische Schulen und Kindergärten zu errichten und halal Fleisch zu kaufen und zu verkaufen. Weiterhin ist es gestattet den eigenen individuellen Glauben zu praktizieren, was durch die dänische Verfassung garantiert ist.
Trotzdem wurde in den letzten 20 Jahren in Dänemark ein Anstieg negativer Haltungen gegenüber Muslimen bemerkt. Dies resultiert insbesondere aus Jahrzehnten fehlgeschlagener Integrationspolitik und den Missbrauch von Integrationsproblemen für politische Agitation durch Rechtsradikale, um mehr Macht im dänischen Parlament zu erlangen. Die Dänische Volkspartei war darin erfolgreich das Feindbild Islam zu konstruieren, das vor allem durch Begriffe wie Terrorismus, Zwangsehen, soziale Unruhen und fehlgeschlagene Integration geprägt ist.
Die politische Rechte hat versucht das islamische Kopftuch und halal Fleisch zu verbieten, die Einwanderung von Muslimen in das Land zu verhindern und die Errichtung von Moscheen und anderen muslimischen Einrichtungen, wie Schulen und Kindergärten zu unterbinden. Im Allgemeinen haben die Gegner der Muslime und des Islams eine sehr negative Rhetorik verwendet, die darauf abzielte, Muslime zu brandmarken und Vorurteile zu schüren.
Dennoch ist die dänische Bevölkerung in Bezug auf den Islam und die Muslime gespalten. In einer kürzlich durchgeführten Studie gab ungefähr die Hälfte der dänischen Bevölkerung an, dass sie gegen das islamische Kopftuch seien. Wohingegen die andere Hälfte zum Ausdruck brachte, dass das Tragen des Kopftuches den muslimischen Frauen erlaubt sein sollte.
Muslime erleben viele gute und freundliche dänische Bürger, die sie gleichberechtigt zu anderen dänischen Bürgern behandeln. Trotzdem könnten die politischen und sozialen Rechte und die öffentliche Haltung gegenüber Muslimen und den Islam gefährdet sein. Wenn die Dänische Volkspartei entscheidende politische Einflussnahme nimmt, wird den Muslimen eine schwierige Zeit bevorstehen.
Mehrere Jahre der Erfahrung mit leitender dänisch rechtsradikaler Politik zeigen, dass Vorurteile gegen Muslime häufiger werden, und letztlich ein steigender Anteil der dänischen Bevölkerung beginnt die muslimischen Bürger als eine Bürde zu betrachten, anstatt als eine Ressource.
Abdulhamid Sørensen hat von 2007bis 2010 für die DIKEV Stiftung gearbeitet. Seit 2010 ist er Rektor der muslimischen Schule Selam Free School in Aarhus, Dänemark.