Welche Auswirkungen hat der im Jahr 2012 unterzeichnete Hamburger Staatsvertrag auf die Hamburger Schulen? Dies wollten zwei Abgeordnete der CDU-Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft wissen. Die Antwort des Senats gibt einen interessanten Einblick.
In einer Kleinen Anfrage haben sich zwei Abgeordnete der CDU-Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft beim Hamburger Senat erkundigt, welche Auswirkungen der Staatsvertrag mit den Religionsgemeinschaften auf die Hamburger Schulen hat. ((Drucksache 20/12206)) Die Antwort des Senats gibt auch einen Einblick in die aktuelle Lage und Zukunft des Islam in Hamburg.
Laut Antwort des Senats bieten die Hamburger Moscheen verschiedene Bildungs- und Kulturangebote an. Diese reichen von Korankursen für Kinder und Jugendliche, religiösen Vorträgen bis hin zu Frauenarbeit. Darüber hinaus verfügen laut Senat einige der islamischen Religionsgemeinschaften über gesonderte und eigenständige Bildungseinrichtungen.
Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e.V. (DITIB) Hamburg unterhält zurzeit acht Moscheen, der Verband der Islamischen Kulturzentren e.V. (VIKZ) sieben Moscheen, davon zwei mit angegliedertem Schüler- beziehungsweise Studenten-Wohnheim. Der Rat der islamischen Gemeinschaften in Hamburg e.V. (SCHURA Hamburg) unterhält 35 Moscheen und weitere 18 gesonderte Vereine, die zumeist im Bildungs- und Kulturbereich tätig sind.
Die islamischen Religionsgemeinschaften hätten mit ihrem Bekenntnis zur umfassenden Teilnahme am Unterricht den Gläubigen signalisiert, dass sie keine religiösen Gründe sehen, nicht am Unterricht teilzunehmen, erklärt der Senat. „Treten dessen ungeachtet in Einzelfällen schulische Konfliktfälle wie zum Beispiel Verweigerung einer Teilnahme am Sport- beziehungsweise Schwimmunterricht oder der Teilnahme an Klassenfahrten auf, reagieren die Schulen entsprechend den geltenden Verfahrensweisen“, heißt es in der Antwort des Senats.
Es sei im Einzelfall möglich, dass von den Schulen in Hamburg auch die islamischen Religionsgemeinschaften beratend in Konfliktlösungsprozesse einbezogen werden. Dabei könne es auch um solche Konflikte wie die Teilnahme am Schwimm- und Sportunterricht an der Schule gehen.
Vertreter der islamischen Religionsgemeinschaften hätten wiederholt betont, dass auch aus ihrer Sicht extremistische Aktivitäten im Umfeld sowohl von Schulen als auch von muslimischen Gemeinden eine Gefahr darstelle. Die Bereitschaft zu einer Zusammenarbeit in der Prävention und Abwehr solcher Aktivitäten sei daher laut Senat groß.
Zurzeit erarbeite die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) in enger Abstimmung mit der Behörde für Schule und Berufsbildung (BSB) und der Behörde für Inneres und Sport (BIS) ein Konzept für eine Beratungsstruktur zur Prävention von religiös-motiviertem Extremismus und zur Deradikalisierung. Dabei werden laut Senat auch der DITIB-Landesverband Hamburg, SCHURA Hamburg und der VIKZ einbezogen. Die Überlegungen seien jedoch noch nicht abgeschlossen.
Gesonderter islamischer Religionsunterricht wird an hamburgischen Schulen nicht erteilt, erklärt der Senat. Dies liegt auch daran, dass sich die muslimischen Religionsgemeinschaften mit dem Staatsvertrag zum Hamburger Modell des Religionsunterrichts für alle verpflichtet haben. Bereits im Anschluss an die Vertragsunterzeichnung hat sich 2013 eine Arbeitsgruppe zur Weiterentwicklung des Religionsunterrichts für alle konstituiert.
Diese tagt seither in der Regel monatlich auf Arbeitsebene und halbjährlich auf Leitungsebene. In der Arbeitsgruppe kooperieren Vertreter der für Bildung zuständigen Behörde und aller anerkannten Religionsgemeinschaften. Von muslimischer Seite sitzen der DITIB-Landesverband Hamburg, die SCHURA Hamburg und der VIKZ mit am Tisch.
Bisher wurde laut Senat ein Konzept zur Religionslehrerbildung entwickelt, das die wesentlichen Aspekte der Aus-, Weiter- und Fortbildung von Lehrkräften umfasst. Hieraus wiederum resultierte die Einrichtung eines zweijährigen Qualifizierungskurses für evangelische, muslimische und alevitische Lehrkräfte, die bereits im Hamburger Schuldienst tätig sind. Zum Schuljahr 2013/2014 starteten Qualifizierungskurse für Lehrkräfte an Grundschulen beziehungsweise in der Sekundarstufe I.
Neu ist, dass in der Arbeitsgruppe entwickelte exemplarische Unterrichtseinheiten, nach Zustimmung aller Seiten, ab dem Schuljahr 2014/2015 an zwei Pilotschulen praktisch erprobt werden sollen. Auf der Basis der in der Pilotphase gewonnenen Erfahrungen soll der Religionsunterricht für alle weiterentwickelt werden.
An der Universität Hamburg sei zudem die Einführung eines Studiums des Unterrichtsfachs Islamische Religion im Rahmen des Lehramts der Primar- und Sekundarstufe I geplant, dessen Curriculum den Anforderungen eines gemeinsamen Religionsunterrichts für alle Rechnung trage.