Gutachten

Jugendliche Migranten nicht krimineller als „Bio“-Deutsche

In einem BamS-Kommentar hetzte Nicolaus Fest gegen den Islam und Muslime. Die „weit überproportionale Kriminalität von Jugendlichen mit muslimischem Hintergrund“, störten ihn. Wie ein Gutachten jetzt erneut zeigt, gibt es zwischen Kriminalität und Religiosität keinen Zusammenhang.

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07
2014
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Mit seinem Kommentar „Islam als Integrationshindernis“ hat der stellvertretende Chefredakteur von BILD am Sonntag (BamS), Nicolaus Fest, einen Sturm der Empörung ausgelöst. Fest hatte die Themen Zwangsheirat, Friedensrichter und Ehrenmorde in die Nähe des Islam und der Muslime gerückt. Der stellv. Chefredakteur der BamS schrieb zudem, ihn störe die „weit überproportionale Kriminalität von Jugendlichen mit muslimischem Hintergrund.“ Er brauche „keinen importierten Rassismus, und wofür der Islam sonst noch“ stehe.

Kritiker warfen, dem in Fachkreisen schon länger wegen seiner polemisierenden Texte über Zuwanderung und Integration bekannten, Fest vor, er habe gegen den Islam und die Muslime gezielte Hetze betrieben. Eine andere Dimension der Debatte war, mit welchen stilistischen Mitteln, Ressentiments und Vorurteilen Nicolaus Fest in seinem Kommentar gearbeitet hat. Er bediente klassische und weit verbreitete gesellschaftliche Ressentiments über Muslime. So ist vielfach in Medien und in der Mehrheitsgesellschaft die Meinung verbreitet, dass jugendliche Muslime gewalttätiger oder krimineller sein sollen, als „bio“-deutsche Jugendliche.

Gutachten: Religion und Herkunft nicht entscheidend

Dass dieses Vorurteil so nicht stimmt und auch mit den vorhandenen Studien nicht zu belegen ist, zeigt nun ein neues Gutachten im Auftrag des Mediendienstes Integration. In dem Gutachten von Dr. Christian Walburg von der Universität Münster, dass unter dem Titel „Migration und Jugenddelinquenz“ veröffentlicht wurde, heißt es unter anderem: „Eine stärkere Zustimmung zu Gewalt hat vielmehr mit einer größeren sozialen Randständigkeit (Marginalisierung) zu tun als mit spezifischen ethnisch-kulturellen oder religiösen Orientierungen.“

Und auch sonst räumt das Gutachten von Walburg mit bestehenden Vorurteilen in Bezug auf Jugendkriminalität auf. Kriminalitätsbeteiligung könne nicht primär herkunftsspezifisch erklärt werden, heißt es darin. Doch Walburg sieht einen Zusammenhang zwischen fehlender Bildung und Kriminalität. Um Delinquenzrisiken zu minimieren, empfiehlt er eine Förderung der Bildungsbeteiligung.

Medien für falsches Bild verantwortlich

Für die falschen Vorurteile gegenüber jugendlichen Migranten macht das Gutachten aber auch die Medien verantwortlich. Die Berichterstattung in Massenmedien sei für die meisten Menschen die Hauptinformationsquelle zum Thema Kriminalität. Sie werde jedoch von spektakulären Straftaten, insbesondere von schweren Gewalttaten junger Männer, die statistisch jedoch nur einen sehr kleinen Teil der Gesamtkriminalität ausmachten, dominiert.

Untersuchungen hätten gezeigt, dass diese selektive Berichterstattung dazu beitrage, dass die Häufigkeit und der Anteil schwerer Gewaltdelikte sowie die damit verbundenen Gefahren von der Bevölkerung massiv überschätzt würden.