Der Kölner Schriftsteller und Orientalist Navid Kermani hält amerikanische Luftschläge und Waffenlieferungen an die Kurden für unzureichend. Er fordert ein stärkeres Engagement der Weltgemeinschaft gegen die Terrororganisation „Islamischer Staat“.
Der Schriftsteller Navid Kermani hat die Weltgemeinschaft dazu aufgerufen, sich der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) deutlicher entgegenzustellen. Amerikanische Luftschläge und Waffenlieferungen an die Kurden seien unzureichend, schreibt er in einem Beitrag für den Kölner Stadt-Anzeiger (Freitag). Mit ihnen könne man womöglich die Offensive von IS aufhalten, aber nicht eine Millionenstadt wie Mossul befreien, so der deutsch-iranische Autor.
Er äußerte die Befürchtung, dass der Orient im Falle eines Vormarschs der Terrorgruppe zivilisatorisch ausdörren könne. „Speziell die arabische Welt hat schon den Exodus ihrer Juden nach der Gründung des Staates Israels kulturell nie kompensieren können. Würden nun auch die übrigen Minderheiten, allen voran die Christen verschwinden oder ihre Existenz sich auf einzelnen Enklaven beschränken, wäre der Orient zivilisatorisch so ausgedörrt wie die Wüste, aus der seine Propheten kamen.“ Die aktuellen Geschehnisse könnten von Dimension und Auswirkungen für den Nahen Osten nur mit denen des Ersten Weltkriegs für Europa verglichen werden.
Nicht hinnehmbar
Niemand dürfe sich damit abfinden, dass eine Terrorgruppe von höchstens 20.000 Mann ein Gebiet von der Größe Deutschlands „beherrscht, es ethnisch und religiös brutal säubert, auch die eigene, verbliebene Bevölkerung tyrannisiert und demnächst, mit größeren Erfolgsaussichten als in Kurdistan, dauerhaft in die sunnitischen Gebiete im Norden des Libanon eindringt und mit Tripoli eine weitere Großstadt einnimmt“, so Kermani weiter. Dass die Weltgemeinschaft den drohenden Genozid an Christen, Jesiden und anderen religiösen Minderheiten verhindern müsse, scheine sich in diesen Tagen als zivilisatorischer Konsens herauszukristallisieren. Bemerkenswert sei auch, dass die „Erzfeinde“ USA und Iran Waffen an die Kurden im Kampf gegen IS liefern.
Es sei nicht hinnehmbar, dass eine einzelne Terrorgruppe das zerbrechliche, wertvolle, Jahrtausende alte, zivilisatorisch so reiche Gebilde unterschiedlichster Ethnien, Religionen und Sprachen vernichte, so Kermani. „Der Kampf gegen einen solchen, sich islamisch begründenden Extremismus darf nicht von Amerika allein geführt werden oder von christlichen Ländern, die sich um ihre Glaubensgeschwister zu Recht sorgen. Dieser Kampf muss ein Kampf gerade der islamischen Staaten, aber auch ihrer Theologen, ihrer Intellektuellen, der Muslime insgesamt sein“, unterstreicht der Schriftsteller. (KNA)