Die Bundesregierung hatte es schon. Jetzt hat auch der Bundestag mit seiner schwarz-roten Mehrheit die Waffenlieferungen in den Irak symbolisch beschlossen. Zuvor lieferten sich die Vertreter der Parteien kritische Auseinandersetzungen. Bundeskanzlerin Merkel steht der Aufnahme von Flüchtlingen aufgeschlossen gegenüber.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Waffenlieferungen an die Kurden im Irak zum Kampf gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) gerechtfertigt. In einer Regierungserklärung betonte Merkel am Montag im Bundestag, es gehe um die Verhinderung weiterer Massenmorde. Die IS bedrohe auch die Sicherheit Deutschlands. Redner der SPD sprachen von einer schweren Abwägung, optierten aber angesichts der Bedrohung ebenfalls für eine Waffenhilfe. Die Linksfraktion forderte ein grundsätzliches Verbot aller Waffenlieferungen. Die Grünen lehnten die Waffenlieferungen mehrheitlich ab, da der Verbleib der Rüstungsgüter nicht zu sichern sei. Einig waren sich alle Redner in der Forderung nach mehr humanitärer Hilfe.
Der Bundestag war zu einer Sondersitzung zusammengetreten, um über die Entscheidung der Ministerrunde unter Vorsitz der Kanzlerin zu debattieren. Sie hatte am Sonntagabend beschlossen, den kurdischen Peschmerga-Kämpfern im Nordirak Waffen, Munition und Fahrzeuge zu liefern, um sie im Kampf gegen die Terrormiliz zu unterstützten. Zur Eröffnung der Sitzung erinnerte Bundestagspräsident Norbert Lammert an den Jahrestag des Beginns des Zweiten Weltkriegs vor 75 Jahren.
Vertreter aller im Irak bedrohten Gruppen nahmen auf der Tribüne im Parlament an der Debatte teil, darunter Jesiden, chaldäische Katholiken und Aleviten.
Zusätzliche Aufnahme von Flüchtlingen
Kein Konflikt lasse sich allein militärisch lösen, sagte die Kanzlerin. Es gebe aber Situation, „in denen nur noch militärische Mittel helfen, um wieder diplomatische Optionen zu haben“. Die IS ziehe marodierend, plündernd und mordend durch die Region und gefährde Existenzen, besonders die der christlichen Minderheiten und der Jesiden. Auch schiitische Muslime und Sunniten seien bedroht.
Merkel hob zugleich die Notwendigkeit humanitärer Hilfe hervor. Deutschland habe bislang 50 Millionen Euro dafür bereitgestellt. „Dort, wo Not ist, werden wir helfen, auch durch zusätzliche Aufnahme von Flüchtlingen“, sagte die CDU-Vorsitzende. Die Politik müsse aber als erstes ermöglich, dass die Menschen in ihrer Heimat leben könnten.
Scharfe Kritik aus der Opposition
Der Vorsitzende der Linksfraktion, Gregor Gysi, übte scharfe Kritik daran, dass der Bundestag nicht über die Waffenlieferung entscheiden könne. Er nannte die Entscheidung dafür „völlig falsch“. Notwendig sei ein Vorgehen auf UN-Ebene. Gysi warnte vor der Weitergabe der Waffen an andere Gruppen. Gleichzeitig verlangte er ein Verbot der IS in Deutschland und forderte die Geldquellen der IS auszutrocknen.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann sagte, Deutschland könne nicht wegschauen, wenn sich im Nahen Osten ein Terrorstaat etabliere, der Millionen Menschen gefährde. Die UN stuften die Gräueltaten als Verbrechen gegen die Menschlichkeit ein. Deshalb seien die Waffenlieferungen ein verantwortungsethisch und sicherheitspolitisch begründeter Ausnahmefall. Oppermann betonte, dass die Entscheidung nichts an den Grundsätzen einer restriktiven Waffenexportpolitik ändere.
Der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Anton Hofreiter, räumte ein, dass es um die Verhinderung schwerster Menschenrechtsverletzung gehe. Der Einsatz militärischer Gewalt sei als letztes Mittel manchmal geboten. Aber niemand könne den weiteren Verbleib der Waffen kontrollieren. „Die künftigen Risiken überwiegen den kurzfristigen Nutzen“, meinte Hofreiter. Die Grünen teilten zwar die Absicht der Regierung, sie hielten aber die konkrete Entscheidung für falsch. Auch er forderte eine stärkere Einbeziehung der UN und eine umfassende Strategie. (KNA)