Der Wandel der Gesellschaft wird in Tschechien nicht ausreichend im Hörfunk berücksichtigt. Zu diesem Schluss kommt ein Gutachten eines Religionswissenschaftlers. Der Rundfunkrat überlegt mehr Platz für andere Religionen im Hörfunk einzurichten – auch für Muslime.
Die Zeiten, in denen die Religionssendungen des öffentlich-rechtlichen tschechischen Rundfunks (Cesky rozhlas) durch die katholische Kirche beherrscht wurden, scheinen sich dem Ende zuzuneigen. Sendungen im Hörfunk sollen nun auch für andere Religionen offen stehen. Das sieht ein Papier vor, das nach einem Bericht der Zeitung Lidove noviny vom Dienstag (9.9.2014) dem Rundfunkrat zur Beratung vorgelegt worden ist.
Die Leitung des Senders hatte ein Gutachten von einem Religionswissenschaftler der Masaryk-Universität in Brno (Brünn) anfertigen lassen. Das Papier kommt zu dem Schluss, dass die Hörfunksendungen einige grundsätzliche Verschiebungen in der Gesellschaft nicht mehr ausreichend reflektierten. Mit Beginn des kommenden Jahres soll in den Religionssendungen von Cesky rozhlas vermehrt beispielsweise auch über den Islam debattiert werden.
Katholisch dominierte Sendungen
Bislang werden die Sendungen von der katholischen Kirche dominiert. Der Informations-Kanal „Radiozurnal“ strahlt beispielsweise an jedem Samstagvormittag eine Sendung aus, in der der Prager Erzbischof, Kardinal Dominik Duka, einen festen Kommentarplatz hat. Das geht auf einen Vertrag zwischen Cesky rozhlas, der Katholischen Bischofskonferenz und des Ökumenischen Rat der Kirchen in Tschechien aus dem Jahre 1999 zurück. Der stellvertretende Vorsitzende des Rundfunkrates, Jiri Vejvoda, nennt dieses Abkommen in dem Zeitungsbericht ein „Relikt aus einer alten Zeit, dessen Diktion aus heutiger Sicht nicht mehr gehe“.
Auch in Deutschland gibt es Kritik an der Gestaltung von Sendeprogrammen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Zwar gibt es vereinzelte Sendungen wie das ZDF Forum am Freitag, das NDR Freitagsforum oder das Islamische Wort im SWR. Allerdings handelt es sich bei allen Formaten um keine echte Verkündigungssendung. Die muslimischen Religionsgemeinschaften werden nicht in die Programmplanung eingebunden und sitzen auch kaum in den Rundfunkräten. (KNA/iQ)