Am 3. Oktober öffnen mehr als 1.000 Moscheen in Deutschland im Rahmen des „Tags der offenen Moschee“ (TOM) ihre Türen für alle Interessierten. Wir sprachen mit Ali Mete, TOM-Koordinator, über die bundesweite Aktion.
Am 3. Oktober öffnen bundesweit mehr als 1.000 Moscheen im Rahmen der bundesweiten Aktion „Tag der offenen Moschee“ (TOM) Interessierten ihre Türen. Über die Aktion sprachen wir mit dem Religionswissenschaftler Ali Mete. Er engagiert sich als Koordinator im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit und des Tages der offenen Moschee bei der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) sowie im Koordinationsrat der Muslime (KRM).
IslamiQ: Sehr geehrter Herr Mete, seit wann gibt es den „Tag der offenen Moschee“ und was ist das Ziel dieser Aktion?
Ali Mete: Den Tag der offenen Moschee (TOM) gibt es bundesweit seit 1997. Im Jahre 1997 wurde der TOM gemeinsam mit dem damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog initiiert. Davor wurden deutschlandweit vereinzelte Tage der offenen Moscheen veranstaltet. Mit der Zeit hat sich der TOM zu einem festen Termin etabliert.
In erster Linie ist der TOM ein Angebot an die Mehrheitsgesellschaft, eine Moschee von innen zu besichtigen und Muslime persönlich kennenzulernen. Die Moscheebesucher sollen sich ein eigenes Bild vom Islam und den Muslimen machen. Denn woran die meisten Menschen denken, wenn es um Moscheen oder Muslime geht, wissen wir alle. Weitere Ziele sind, Wissen über den Islam zu vermitteln und eine Möglichkeit der Begegnung zu schaffen. Der Tag der offenen Moschee ist zudem ein gutes Mittel für die Gemeinde, Öffentlichkeitsarbeit zu gestalten. Viele Gemeinden sind da noch recht unerfahren.
IslamiQ: Wie unterstützen Sie die Moscheen dabei?
Ali Mete: Zum einen mit Informationsmaterialien, die den Gemeinden als Hilfe für die Organisation und Werbung dienen. Neben dem TOM-Ratgeber erstellen wir Vorlagen für Pressmitteilungen, Einladungen und Präsentationen. Zudem organisieren wir Fortbildungsveranstaltungen im gesamten Bundesgebiet.
IslamiQ: Wie viele Moscheen nehmen am TOM teil? Was erwartet die Gäste?
Ali Mete: Am TOM nehmen deutschlandweit rund 1.000 Moscheen teil. Das ist etwa die Hälfte der Moscheen in Deutschland, was meiner Meinung nach eine sehr gute Bilanz ist. Zum Basisprogramm eines TOM gehören je nach Gemeinde und Besucherzahl eine oder mehrere Moscheeführungen, um die Innenräume der Moschee vorzustellen, sowie diverse Vorträge. Zum Rahmenprogramm gehören Informationsstände mit islamischer Literatur, Leseecken und natürlich eine ordentliche Bewirtung.
Das Besondere in diesem Jahr ist, dass der TOM an einem Freitag stattfindet – und zwar am Vortag des Kurbanfestes (Opferfest). So werden die Gäste in vielen Moscheen die Möglichkeit haben, das Freitagsgebet mitzuverfolgen. So hoffen wir, einen möglichst transparenten und authentischen Einblick in die Moschee geben zu können.
IslamiQ: Der TOM findet jedes Jahr unter einem anderen Motto statt. Welchen Hintergrund hat das?
Ali Mete: Der TOM wird seit 2007 unter der Leitung des Koordinationsrates der Muslime (KRM) jedes Jahr unter einem anderen Motto durchgeführt. So haben wir in den vergangenen Jahren, die Feste der Muslime, den Koran, den Propheten Muhammad und Kunst und Kultur thematisiert. Letztes Jahr ging es um Umweltschutz. Wir versuchen über das jeweilige Motto auf ein Thema hinzuweisen, das für uns Muslime wichtig und zentral ist. Es sind Themen, die uns am Herzen liegen und von denen wir meinen, dass sie es Wert sind, behandelt zu werden. Und zwar aus einem islamischen Blickwinkel heraus.
IslamiQ: Das diesjährige Thema ist „Soziale Verantwortung”. Warum wurde gerade dieses Thema ausgewählt?
Ali Mete: Bei der Themenwahl für den TOM ist vor allem wichtig, dass das Thema die Selbstwahrnehmung und Selbstsicht der Muslime wiedergibt. Muslime erzählen vor Ort, wie sie sich als Muslime oder als eine muslimische Gemeinde wahrnehmen und wie sie in der Gesellschaft erkannt und anerkannt werden möchten. Als ein zentraler Gedanke ist es uns auch wichtig, dass das Potenzial der Moscheegemeinden überhaupt sichtbar wird. Es soll erkannt werden, dass Moscheen eigentlich viel für die Gesellschaft leisten. Das gilt vor allem für den Bereich der sozialen Dienste.
Das diesjährige Motto hat darüber hinaus auch einen aktuellen Anlass: nämlich das bevorstehende Kurbanfest. Das Kurbanfest ist ein gutes Beispiel dafür, wie sich Muslime aus ihrem religiösen Selbstverständnis heraus sozial engagieren, ja engagieren müssen. Denn das Fleisch der Opfertiere, die beim Kurbanfest geopfert werden, verteilen die Muslime an ihre Nachbarn, Verwandten, Freunde und Bekannte – und seitdem es die Möglichkeit dazu gibt, verstärkt an bedürftige Menschen überall auf der Welt.
Ein weiteres Beispiel ist das soziale Engagement in der Moschee. In den Moscheen werden Aktivitäten angeboten, die die gesellschaftliche Partizipation fördern. Der TOM selbst ist ein solches Angebot. Die Vorbereitung einer Gemeinde auf den TOM ist mit wochenlangem Aufwand verbunden. Die ehrenamtlichen Gemeindemitglieder investieren ihre Zeit und Energie für die Vorbereitung auf einen Tag und sind bereit, an einem Feiertag, die Moscheebesucher zu empfangen.
Die umfangreiche Jugend- und Bildungsarbeit sind weitere Beispiele für die soziale Arbeit der Moscheen, die bisher kaum wahrgenommen wurden. Die Gemeinden bieten zudem religiöse Beratungen an oder leisten humanitäre Hilfe weltweit. Des Weiteren gibt es einzelne Kommunen, in denen Moscheegemeinden mit verschiedenen Partnern zusammenarbeiten. Das Thema Umweltschutz, wie wir es beim TOM 2013 thematisiert haben, wird in den kommenden Jahren verstärkt auf der Tagesordnung der Moscheen stehen.
Das sind alles Bereiche, in denen die Moscheen eine aktive Rolle spielen. Aber weder wird das von der Gesellschaft so wahrgenommen und gewürdigt, noch sind sich die Moscheen dessen bewusst. Unser Ziel ist es, das beiden Seiten deutlich zu machen.
IslamiQ: Wie ist ihre Erwartung, wie die Teilnahme sein wird an dem Tag der Offenen Moschee? Wie war die Teilnahme in den vergangenen Jahren?
Ali Mete: Besucherzahlen sind relativ. Ich weiß noch, als wir den TOM in meiner Gemeinde im Jahre 2001 zum ersten Mal veranstaltet hatten. 250 Gäste kamen, für eine kleine Gemeinde sind das recht viele Besucher. Eben weil der 11. September in dem Jahr auch ein Anlass dafür war. Ein Jahr darauf waren es 50 Gäste. In den folgenden Jahren hat sich die Besucherzahl eingependelt. Wichtig ist, dass Muslime und Moscheegemeinden den TOM jährlich von sich aus anbieten. Das ist ein wichtiges Zeichen. Jeder Besucher, der den Weg in die Moschee findet, ist ein Gewinn für uns.