Ist ein drogensüchtiger Krimineller 32-Jähriger ohne Migrationshintergrund für zwei Anschläge auf Moscheen in Bielefeld verantwortlich? Die Polizei sagt ja und sieht die Fälle als abgeschlossen an. Die muslimische Community äußert aber Zweifel an den Darstellungen zu den Tathergängen.
Die Polizei Bielefeld hat heute auf einer Pressekonferenz bekannt gegeben, dass der mutmaßliche Verantwortliche für zwei im August verübte Anschläge auf Moscheen identifiziert worden sei. Auf die Spur des 32-jährigen Tatverdächtigen sei man anhand von DNA-Spuren und Fußabdrücken bei den Tatorten gekommen. Der Täter hat nach Angaben der Polizei keinen Migrationshintergrund und stehe nicht im Verdacht, politisch-motiviert gehandelt zu haben. Es handle sich um einen polizeibekannten Kriminellen und Drogensüchtigen.
Der Verdächtige sitzt zudem wegen eines Einbruchs in eine Tankstelle bereits in U-Haft. Er soll die Taten, die ihm zur Last gelegt werden, bereits gestanden haben. Nach eigenen Angaben soll der Täter in den Moscheen nach Geld gesucht haben. Als er nicht fündig geworden sei, habe er aus „Frust“ Exemplare des Korans in Brand gesteckt. Die Vernehmung ist laut Polizei jedoch noch nicht gänzlich abgeschlossen.
An dem Geständnis und den Darstellungen der Polizei zweifelt Cemil Şahinöz, Vorsitzender des Bündnisses Islamischer Gemeinden in Bielefeld (BIG), massiv. „Es gab in den letzten Wochen mehrere unaufgeklärte Moscheeanschläge in dieser Region. Die Taten ähneln sich. Hakenkreuzschmierereien, Beschimpfungen nach den Gebeten zählen wir nicht einmal mehr in der Statistik. Es geht nur noch um Brandanschläge. Daher möchten wir, dass die Ermittler die Anschläge als Gesamtbild betrachten und nicht als Einzelfälle“, sagte Şahinöz in einer verbreiteten Mitteilung.
Die Ergebnisse der Polizei werfen laut Şahinöz zudem viele Fragen auf. „Wer garantiert, dass die Aussage Diebstahl keine Schutzbehauptung ist? Verdeckt Diebstahl wohlmöglich andere Motive? Das kennen wir aus den NSU-Skandalen. Wer würde versuchen, Diebstahl mit Brandstiftung zu vertuschen? Das ist uns nicht schlüssig.“ Zudem sei es fraglich, wie man äußerlich davon ausgehe, dass sich Geld in einer Moschee befinde?
Auch der Aufwand, den der Täter betrieben hat, um erneut in einer Moschee nach Geld zu suchen, scheint immens: „In der zweiten Moschee musste er Kameras verdrehen, Fenster aufbrechen etc. Diesen Aufwand würde ein Dieb nicht machen, der schon einmal in eine Moschee eingebrochen ist und nur 10 € gefunden hat. Eins der unklarsten Tatsachen ist zudem, dass in der zweiten Moschee im Raum des Brandes ebenfalls eine Bücherkasse befand. Diese Kasse wurde nicht einmal berührt“, sagt Şahinöz. Zudem sei der Täter mit einer Kerze in die zweite Moschee gegangen. Dies deute auf die Absicht einen Brand zu legen, weniger auf die Absicht eines Diebstahls.
In dieses Bild der Zweifel fügt sich auch, dass der Täter die Spekulationen der Polizei zu den Hintergründen des ersten Brands eins zu eins übernommen hat. Die Ermittler hatten bereits nach dem ersten Anschlag spekuliert, es handle sich bei dem gelegten Brand um eine Ablenkung für einen einfachen Einbruch. Dies führte dazu, dass man eine politische Motivation für die Tat ausschloss.
Im August wurden hintereinander zwei Brandanschläge auf Moscheen in Bielefeld verübt. Dabei versuchte der Täter die Moscheen mit angezündeten Koranen in Brand zu stecken. Nach dem ersten Brandanschlag hatte die Polizei eine politisch motivierte Tat ausgeschlossen, ebenso wie ein fremdenfeindliches oder rassistisches Motiv. Nach dem zweiten Brandanschlag änderte die Polizei ihre Einschätzung und der Staatsschutz nahm die Ermittlungen auf.
Nichtsdestotrotz zeigte sich der Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ), dem eine der in Brand gesetzten Moscheen angehört, erleichtert. „Wir alle und insbesondere die Bielefelder Gemeindemitglieder danken der dortigen Polizei für ihre erfolgreiche Ermittlungsarbeit“, sagte Mehmet Duran, Präsident des VIKZ.